Das Frauenbild in der Kirche
Die Geschichte mit der Rippe des Adam, aus der Gott dessen Frau Eva formte, hängt der Frau im Bild mancher Theologen bis heute nach. Dabei haben sowohl im Alten (Ersten) wie auch im Neuen (Zweiten) Testament Frauen bedeutende Rollen gespielt: die Stammmütter Sara, Rebekka, Lea, Rahel, die Prophetinnen Mirjam und Hulda, die schöne Judit, die nachts den trunkenen Berserker Holofernes köpfte, und andere mehr – alle wurden sie Teil der jüdischen Heilsgeschichte.
Die christliche Bibel kennt die Mutter Jesu, Frauen unter dem Kreuz und als erste Verkünderinnen des Auferstehungsglaubens (Maria von Magdala, eine der eifrigsten Anhängerinnen Jesu!), Leiterinnen frühchristlicher Hausgottesdienste. Und das Wort von Petrus an die Galater: „Es gibt nicht mehr Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau , denn alle seid ihr einer in Christus.“ Ohne Frage gab es im frühen Christentum zumindest auch Diakoninnen.
Patriarchat
Aber in der patriarchalischen Gesellschaft von einst blieben die wichtigen Entscheidungen doch den Männern reserviert – in konservativen jüdischen Gemeinden bis heute, in papstregierten katholischen sowieso, und in laizistischen Staaten wird ja auch bis heute noch ein Mangel an Gleichberechtigung kritisiert. Die Benachteiligung der Frauen hat eine lange und nicht nur kirchliche Tradition. Die aber war und ist besonders stark.
Als der Einfluss der griechischen Philosophie auf das Christentum immer stärker wurde, brachten auch hochintelligente Kirchenväter immer neue Fantasiegebilde hervor: Adam habe der Verführung der Schlange standgehalten, der Verführung durch Eva aber nicht. So sei die Frau zur „Einfallspforte des Teufels“ (Tertullian) geworden. „Ich kann nicht entdecken, zu welcher Hilfe die Frau geschaffen sein soll, wenn man vom Gebären absieht“, so der Hl. Augustinus.
Das spricht nicht gegen die Kirchenväter, die alle auch Kinder ihrer Zeit waren und nicht schon vor 2000 Jahren mit Argumenten des 21. Jahrhunderts auftrumpfen konnten. Es spricht nur gegen jene, die immer noch an Schlussfolgerungen festhalten, deren Voraussetzungen längst weggefallen sind. Und das Wegfallen dauerte. 800 Jahre nach Augustinus verkündete Thomas von Aquin, dass „die Entscheidungskraft des Verstandes“ den Mann von Natur aus der Frau überordne.Schon im fünften Jahrhundert hatte Papst Leo I. der Große befunden: „In keiner Mutter erfolgt Empfängnis ohne Sünde.“ Damit waren auch die Konsequenzen aus einer solchen Bewertung der Frau klar: Ein Wesen, das die paradiesische Ursünde auf dem Kerbholz hatte, war ansteckend! Durch Sex pflanzt also die Frau die Erbsünde fort! Dass man mit einer solchen These den Schöpfergott als Pfuscher diskreditierte, wurde den theoretischen Eiferern erst sehr spät klar. Aber es erklärt hundert Untersagungen in der Sexualmoral, vom Zölibat bis zum Pillen- und Kondomverbot.
Im Mittelalter, als man wieder einmal Sündenböcke suchte, war rasch der Hexenwahn zur Hand: Frauen im Pakt mit dem Teufel hatten die Pest eingeschleppt! Freilich: Gemäß neueren Forschungen gab es neben den vom Teufel gerittenen Frauen (an die auch Luther glaubte) quasi „nichtreligiöse“ Hexen, und nicht mehrere Millionen, sondern „nur“ 40.000 bis 60.000 dürften dafür hingerichtet worden sein. Auch nicht schlecht. Das Aufspüren personifizierbarer Dämonen reizte Menschen von damals offenbar mit und ohne Glaubenshintergrund.
Gegensatz Maria
Die gezielte Wertminderung der Frau über Jahrhunderte hinweg stand natürlich im krassen Gegensatz zu den katholischen Gipfelhöhen, in die man Jesu Mutter Maria emporstilisiert hat. Jesus wurde als „wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich“, seine Mutter als „Gottesgebärerin“ dogmatisiert. Die katholische Marienverehrung hat für lange Zeit eine breite Kluft zu den evangelischen Christen aufgerissen. Diese ist dank einsichtiger Interpretation auf beiden Seiten inzwischen recht schmal geworden. Eher schon könnte man sagen, dass die Kluft zwischen der Erhebung Mariens in Himmelshöhen und der immer noch prinzipiellen Fernhaltung der Frau vom Altar zu einem theologischen Problem innerhalb der katholischen Kirche geworden ist.
Natürlich bahnte sich insgesamt im kirchlichen so wie im gesellschaftlichen und staatlichen Bereich eine andere, höhere Einschätzung von Frauen an. Hildegard von Bingen tat sich nicht nur als kulinarische Bio-Heilige hervor, sondern wurde von Bischöfen zu Vorträgen vor Klerikern eingeladen. Katharina von Siena, die Päpste und Staatsmänner mit geistreichen Mahnbriefen bombardierte, und Teresa von Avila wurden zu Kirchenlehrerinnen ernannt. Die hl. Clara baute zusammen mit Franz von Assisi am großen Traum christlicher Weltbewältigung durch Armut und Entsagung. Ordensschwestern leisten in Erziehung und Krankendienst auch heute Beispielhaftes.
In seine große Vergebungsbitte an die Welt 2000 hat Papst Johannes Paul II. auch Kirchenschuld an Frauen eingeschlossen. In seiner Amtszeit wurden Frauen seliggesprochen, darunter die Wiener Schwester Maria Restituta Kafka, eine Märtyrerin aus der Nazizeit. Auch der Anteil von Franziska Jägerstätter am Heldentod ihres Mannes, lange Zeit unberücksichtigt, wird gewürdigt. In den Pfarrgemeinderäten Österreichs halten Frauen und Männer einander ziemlich die Waage. Kardinal Erzbischof Schönborn und einige seiner Amtskollegen haben Frauen in Führungspositionen der Diözesanverwaltung berufen.
Weihe
Nur bei der Weihefähigkeit spießt es sich weiter. Wahr ist: Der Andrang von Frauen zum heutigen Priesteramt hält sich ohnehin in Grenzen. Aber der Unmut über die Abwertung, die im Verbot liegt, greift auch unter vielen „normalen“ Frauen um sich. Eine Weihe zu Priesterinnen sei unmöglich, verkündete Johannes Paul II., „feierlich und endgültig.“ Dafür habe kein Papst und kein Konzil eine Ermächtigung erhalten (auch kein Verbot). Nicht auszudenken, was alles passieren würde, wenn man nun befürchten müsste, dass alles abgeschafft wird, was die Kirche einmal ohne Ermächtigung ihres Herrn eingeführt hat.