Politik/Ausland

Wilder Schlagabtausch bei TV-Duell in Frankreich

"Kandidat des Krieges aller gegen alle", "Lügen", "großer Unsinn", "Arroganz": Die französischen Präsidentschaftskandidaten haben sich vier Tage vor der Stichwahl ein hitziges TV-Duell geliefert.

Nein, dass sich diese beide Kandidaten nichts schenken würden, das wurde schon in den ersten Minuten des TV-Duells zwischen Marine Le Pen und Emmanuel Macron klar. Auf die zum Aufwärmen gedachte Eingangsfrage der Moderatoren, wie sie sich denn fühle nach dem langen Wahlkampf, zog die Rechtspopulistin augenblicklich gegen ihr Vis à vis vom Leder: "Ich bin sehr glücklich. Macron steht für ungezügelte Liberalisierung, Uberisierung, für Prekarität, für soziale Brutalität, für Plünderung der großen Industrieunternehmen, gesteuert von Präsident Hollande, der noch immer am Ruder ist." Sie hingegen sei die Kandidatin des Volkes, die Sicherheit biete.

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Macron hielt sich damit, wie er sich fühle, gar nicht erst auf: "Sie haben gezeigt, dass Sie keine feingeistige Kandidatin sind, danke für diese Demonstration", sagte der ehemalige Minister unter François Hollande zu Le Pens Frontalattacke. Und setzte einen Klotz drauf: "Sie sind Erbin nicht nur eines Namens, sondern einer Extremrechten, die sich von der Wut der Franzosen nähren will."

Geist der Niederlage

Es sei aber die Frage, ob die Bürger den Geist der Niederlage wollten, "die Sie predigen". Er, Macron, vertrete den Geist der französischen Errungenschaften, der französischen Kultur, die auf der ganzen Welt strahle. Und er habe die Regierung verlassen, weil er seine Ziele nicht erreichen konnte.

Was dann folgte, war ein zorniger Schlagabtausch, der eines zeigte: Der liberale Quereinsteiger Macron mag zwar für die Stichwahl am Sonntag laut Umfragen mit etwa 60 zu 40 Prozent vor der Nationalistin Le Pen liegen, aber gelaufen ist die Wahl noch lange nicht. Zumal Le Pen in der ersten Hälfte des TV-Duells über weite Strecken routinierter und dominierender wirkte.

Macron laut Umfrage überzeugender

Laut einer Blitz-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Elabe für den Nachrichtensender BFMTV ging Macron, der sich sichtlich erfing, schließlich als Sieger aus der TV-Debatte heraus: 63 Prozent der Befragten hielten ihn für überzeugender.

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Le Pen steht für eine radikale Abkehr vom Freihandel, sie will auch den EU-Binnenmarkt durch die Wiedererrichtung nationaler Zollgrenzen aufkündigen. Ein Teil der Importwaren, je nach Herstellungsland und den dortigen Sozial- und Umweltnormen, sollen mit drei Prozent Einfuhrabgabe belegt werden. Damit will sie die Wiederansiedlung von Fabriken erzwingen und das Handelsdefizit korrigieren. Auch soll diese Abgabe zur Aufbesserung der niedrigen Gehälter und Pensionen durch Steuerprämien dienen – wobei Le Pen den Pensionsantritt wieder ab 60 Jahren verspricht (derzeit 62).

Macron setzt auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durch Reformen des "zu starren" Arbeitsmarkts und kündigte die Senkung der Unternehmens-Steuern und der Arbeitnehmer-Abgaben an – was die Kaufkraft für alle erhöhen solle.

Frankreich, das unter den Exportnationen an sechster Stelle steht, könne sich aber nicht aus der Globalisierung verabschieden, warnt Macron: Die Auslandsmärkte tragen zu einem Drittel zum französischen Bruttonationalprodukt bei. Macron will mehr soziale Regulierung und Abwehr von Lohn- und Umweltdumping – allerdings nicht nationalstaatlich sondern im Rahmen der EU.

Macron punktete bei Währungspolitik

Zur EU sagte Le Pen „Nein, ich will Verhandlungen über eine Allianz unabhängiger Staaten“ und dann ein Referendum in Frankreich. "Die EU tötet Europa." Zugleich warb sie für eine "nationale Währung" beim täglichen Konsum und für die Beibehaltung des Euro für "große Unternehmen im internationalen Handel". Weil es Le Pen nicht gelang, eine klare Linie in der Währungspolitik zu vermitteln, konnte Macron hier punkten. Der frühere Investmentbanker sprach von einem zerstörerischen Projekt für Frankreich.

Macron warnte, eine Abkehr vom Euro wäre "tödlich" für die Kaufkraft der Franzosen und die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft. Er wolle einen starken Euro und ein starkes Europa, das "schützt".

"So oder so wird Frankreich künftig von einer Frau regiert - entweder von mir oder von Frau Merkel"


Die Rechtspopulistin bescheinigte Macron hingegen "europäischen Extremismus" - und warf ihm vor, sich Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu unterwerfen. Bei einem Wahlsieg Macrons würde in Wirklichkeit Merkel über die Geschicke Frankreichs entscheiden: "So oder so wird Frankreich künftig von einer Frau regiert - entweder von mir oder von Frau Merkel."

Besonders heftig wurde es beim Thema Sicherheit mit dem gegenseitigen Vorwurf, Hass zu schüren. Le Pen warf Macron vor, sich von einem Islamverband mit Muslimbrüder-Nähe unterstützen zu lassen; Macron konterte nicht zum erstenmal an diesem Abend: „Sie reden wieder nur Blödsinn“ und „Sie verbreiten Lügen, um das Land zu spalten“, den Bürgerkrieg ins Land zu bringen. Le Pen: "Sie haben es rausgelassen, geht’s jetzt wieder?"

Bilder von der heftigen TV-Debatte

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In puncto Anti-Terror-Kampf warf Le Pen Macron "Gefälligkeit mit dem islamistischen Fundamentalismus" vor. Sie warb erneut dafür, ausländische Gefährder umgehend aus Frankreich auszuweisen und verurteilte Terroristen mit doppelter Staatsbürgerschaft auszubürgern.

Macron bezeichnete Le Pens Forderungen als "Augenauswischerei", die bei der Terrorbekämpfung wirkungslos seien. Die Rechtspopulistin gehe außerdem in die "Falle" der Islamisten und drohe einen "Bürgerkrieg" in Frankreich anzuzetteln. "Sie sind die Hohepriesterin der Angst", sagte Macron.

Viele Unentschlossene

Die Fernsehdebatte zwischen den beiden Wahlrunden ist in Frankreich traditionell einer der wichtigsten Wahlkampfmomente. Macron und Le Pen wollten am Mittwoch die vielen noch unentschlossenen Wähler für sich gewinnen, die bei der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag eine wichtige Rolle spielen dürften.

Macron war bei der ersten Runde am 23. April an erster Stelle gelandet und geht als klarer Favorit in die Stichwahl. Umfragen sahen ihn zuletzt mit rund 60 Prozent deutlich vor Le Pen, die demnach auf 40 Prozent käme.