Politik/Ausland

Putin und Erdogan: Wiederbelebte Freundschaft

Sie ist wieder da. Turkstream: Eine Pipeline, die unter Umgehung der Ukraine über den Boden des Schwarzen Meeres verlegt und die Türkei sowie Südeuropa mit russischem Gas versorgen soll. Darauf hatten sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin im Dezember 2014 verständigt.

Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets knapp ein Jahr später senkte der Kremlchef den Daumen über das Projekt und über die junge Freundschaft mit dem alten Erzrivalen. Nach einer halben Entschuldigung des Türken planen Moskau und Ankara den Neustart. Besiegelt werden soll der Deal am 9. August, wenn Putin und Erdogan einander in St. Petersburg treffen.

"Belagerte Festung"

Ähnlich wie Russland sehe sich auch die Türkei nach wachsender westlicher Kritik an Erdogan als "belagerte Festung" und suche die Nähe Moskaus, sagen Diplomaten. Daher, so Branchenexperten, werde sich der türkische Staatskonzern BOTAS bei dem Verhandlungen mit Gazprom sehr viel pflegeleichter erweisen als bisher.

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In der Tat hatten die Türken die Unterzeichnung eines Vertrages mit immer neuen Rabattforderungen torpediert, Mitte 2015 ihren Bedarf sogar soweit reduziert, dass statt über vier nur noch über zwei Stränge verhandelt wurde, und sogar mit Klage vor einem internationalen Schiedsgericht gedroht. Gazprom versuchte daraufhin, das durch Sanktionen und Gegensanktionen ins Stocken geratene Nordstream-2-Projekt – ein Double der bestehenden Ostseepipeline, die Deutschland und Nordwesteuropa beliefert – voranzutreiben.

Fortschritte, schreibt die Wirtschaftszeitung Wedomosti, seien erkennbar, Russland werde versuchen, mit Turkstream auf die Europäer und mit Nordstream auf die Türken Druck auszuüben.

Das Problem: Gazprom ist bereits mit 400 Mrd. Rubel (ca. 5,5 Mio. Euro) in die Vorleistungen für die Infrastruktur gegangen. Die aber ist auf eine Jahresleistung von 63 Mrd. Kubikmetern und damit auf vier Stränge ausgelegt, schreibt Kommersant. Jetzt wird über zwei verhandelt, einer davon steht und fällt mit Lieferungen nach Südeuropa. Unklar sei nicht nur, wer die Infrastruktur für die Weiterleitung nach Europa zahlen soll, sagt Analyst Andrei Polischtschuk, der für die Russland-Tochter der Raiffeisenbank arbeitet. Auch die Poseidon-Pipeline (TAP), über die Gas von Griechenland nach Süditalien fließen soll, gebe es nur auf dem Papier. Wegen der aus politischen Gründen angestrebten Diversifizierung der Gaslieferungen sei massiver Widerstand Europas zu erwarten.

Für die Versorgung der Türkei reicht ein Strang. Das allerdings wäre ein Geschäft, bei dem Gazprom Miese machen würde. Moskaus Druckpotenzial, glaubt Branchenexpertin Maria Belowa von Vygon Consulting, halte sich daher in Grenzen. Gegenüber Europa wie der Türkei. Zumal beide wüssten, dass die Gazprom-Exporte im postsowjetischen Raum stagnieren oder sogar rückläufig sind.