„Wie Terroristen behandelt“: Sri Lankas Muslime fürchten Racheakte
Von Irene Thierjung
Es sind oft gehaltlose Gerüchte, die in Sri Lanka Gewalt gegen Minderheiten auslösen. In den vergangenen Jahren schürten radikale buddhistische Gruppen verstärkt Hass auf muslimische Mitbürger. Immer wieder kam es zu Angriffen auf Moscheen oder muslimische Geschäftstreibende.
Nach den verheerenden islamistischen Anschlägen auf drei Kirchen und vier Hotels - mit der aktuell bekannten Zahl von 253 Toten - am Ostersonntag fühlen sich daher nicht nur Christen in Sri Lanka zunehmend unsicher, sondern auch Muslime.
„Wir haben jetzt große Probleme, weil uns jeder wie Terroristen behandelt“, berichtet Sheikh Arkam der Süddeutschen Zeitung. Sein Haus sei von der Armee durchsucht worden, sagt der Imam, der ein führendes Mitglied im Rat der Muslime auf Sri Lanka ist.
„Wir sagen unseren Leuten, kooperiert mit den Sicherheitskräften. Aber wir haben Angst, dass die Reaktionen uns Muslime treffen.“ Kleinere Racheaktionen gab es laut Sheikh Arkam bereits, Ressentiments würden deutlich spürbar, auch wenn geistliche Führer wie er die Anschläge scharf verurteilt hätten.
„Die Nachbarn zweifeln jetzt an uns“, sagt der Geistliche. Ein Taxifahrer habe sich etwa geweigert, ihn mitzunehmen.
Reiche Söhne
Christen und Muslime seien stets solidarisch gewesen, betont Sheikh Arkam, Konflikte habe es nur mit militanten Buddhisten gegeben. Diese zu schüren, war laut Beobachtern eines der Hauptziele der Attentäter – treiben doch Gewalt und Ablehnung durch die Umwelt junge Muslime immer wieder in die Arme von Islamisten.
Als Drahtzieher der Anschläge, die die Terrormiliz „Islamischer Staat“ für sich reklamiert, gilt die sri-lankische Islamistengruppe „National Thowheeth Jama’ath“. Deren Führer, der Hassprediger Zahran Hashim, wird gesucht, er könnte in Indien untergetaucht sein.
Wie die New York Times am Donnerstag berichtete, waren zwei der Attentäter Söhne eines reichen, gut vernetzten und mittlerweile verhafteten Gewürztycoons. Die einzige Frau im Selbstmordkommando soll mit einem der jungen Männer verheiratet gewesen sein.
Zahl der Todesopfer nun nach unten korrigiert
Bei den Anschlägen in Sri Lanka sind nach offiziellen Angaben gut hundert Menschen weniger getötet worden als bisher angenommen. Die Opferzahl sei nach Abschluss der Autopsien von 359 auf 253 korrigiert worden, teilten die Behörden am Donnerstag mit. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren nach den Explosionen am Ostersonntag mehrere schwer verstümmelte Leichen doppelt gezählt worden