Politik/Ausland

Timmermanns: "Auch Superreiche sollen Steuern zahlen"

Im Auditorium der Technischen Universität in Lissabon ist die Bühne rot ausgeleuchtet, in riesigen Lettern ist auf einer Videowand zu lesen: „Fair, Free, Sustainable. The Progressive Europe We Want (fair, frei, nachhaltig, das fortschrittliche Europa, das wir wollen). Europas Sozialdemokraten (SPE) halten hier ihren Parteikongress ab. Unter den Klängen von „Bella Ciao“ (eine Hymne der antifaschistischen und sozialdemokratischen Bewegungen) ziehen die Delegierten in den Saal, darunter auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, Spitzenkandidat Andreas Schieder und EU-Abgeordnete Evelyn Regner.

wird als „Doktor“ begrüßt, als jüngste Parteichefin. In ihrer Rede in perfektem Englisch spricht sie ihre Vorschläge zur „Heilung Europas“ an. Ihre Therapie: „Mehr soziale Gerechtigkeit, faire Steuern und bessere Chancen für Junge.“

Dann folgen die Reden sozialdemokratischer Ministerpräsidenten: Joseph Muscat aus Malta, er muss sich Kritik anhören, weil seiner Regierung Korruption vorgeworfen wird.

Unter frenetischem Applaus wird der junge spanische Premier Pedro Sánchez begrüßt. Leger gekleidet in Jeans, Sakko und weißem Hemd zählt der die Vorteile der Europäischen Union auf: die gemeinsame Währung, das Erasmus-Programm für Studenten und neuerdings auch für Schüler und Lehrlinge, den freien Personenverkehr, den Binnenmarkt, den Wohlstand. „Europa nützt“, ist seine Botschaft und er verlangt einen „neuen Sozialvertrag“. Er nennt aber auch die Gefahren: „Nationalismus, Populismus und der Bruch des Rechtsstaates und Europäischer Werte.“

Hunderte junger Menschen

Gastegeber, Portugals Regierungschef António Costa, beschwörte die Einheit der sozialdemokratischen Familie. Er wies aber auch auf die Herausforderungen hin und nannte dabei Migration und die multikulturelle Gesellschaft. „In der globalisierten Welt müssen wir damit zurande kommen“, sagte Costa. „Einer, der das kann, ist Frans .“

Dann stürmten an die Hundert junger Menschen aus allen Teilen Europas die Bühne, darunter Frans Timmermans. Das ist die Kür Timmermans zum Spitzenkandidaten der SPE für die EU-Wahl. Eine Band spielt „Let‘s Stick Together“. Timmermans wird umarmt. Die Jungen sind begeistert.

Der amtierende Vizepräsident der EU-Kommission wird ernst: „Die Europa-Wahl im Mai ist keine normale Wahl, es geht darum, wie Europa weiter besteht - auf Grundwerten, Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit.“ Es könne nicht sein, dass eine „freie Universität ein Land verlassen muss und verjagt wird, weil ein nationalistisches, autokratisches System die Werte einer freien Universität nicht teilt.“ Die Rede ist von der Central European University, die jetzt von Budapest nach Wien zieht.

Standing Ovations

Timmermans greift auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin an, ebenso den US-Präsidenten Donald Trump, die Europa schwächen und attackieren wollen. Vorsicht vor Einflussnahmen sei auch bei der EU-Wahl geboten, warnt er.

Der Niederländer verspricht alles zu tun, um Lohn- und Sozialdumping in der EU zu vermeiden. Die EU-Fördergelder sollten künftig stärker für die Integration von Migranten verwendet werden.

Eine Lanze bracht Timmermans für den Verbleib es Vereinigten Königreiches in der EU. Dafür bekam er Standing Ovations, minutenlang. „UK gehört zur EU. „Take back control“, diese Parole hat zum Brexit geführt, erklärt Timmermans, „die Kontrolle kommt aber nicht zurück, wenn UK alleine ist“.

Eng will er künfitg mit den Gewerkschaften zusammenarbeiten und auch dafür sorgen, dass „die Superreichen“ auch Steuern zahlen. Mit den bestehenden Unterschieden zwischen Lohnabhängigen, kleinen Unternehmen und internationalen Konzernen, die kaum Steuern zahlen, „ist keine Basis für eine gerechte Gesellschaft“. Dafür wird Timmermans mit Applaus gedankt.

 

Der ehemalige Außenminister der Niederlande verlangt eine engere „Partnerschaft der EU mit Afrika. Wir sind für eine nachhaltige Entwicklung in Afrika verantwortliche. Das ist unsere gemeinsame, humanitäre Herausforderung, um Migration zu vermeiden.“

Er spricht auch Parteien, deren Handlungen nicht dem Werte-Kodex der EU entsprechen, an: Rumäniens Sozialdemokraten sind in Korruptionsfälle verstrickt, auch Bulgariens Partei verhält sich nicht EU-konform. Kritisiert werden auch Malta und die Slowakei. „Die Debatte mit Parteien dieser Länder muss mit größerer Ehrlichkeit geführt werden“, verlangt SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. „Diese Parteien müssen auf die Spur der Rechtsstaatlichkeit geführt werden.“

Womit das Zusammentreffen begonnen hat, damit endet es auch samt überwältigender Stimmung. "Bella Ciao!"