Wenn der Freund zum Feind wird: Trump steht in eigenen Reihen im Visier
Von Dirk Hautkapp
Knall-Effekte überlässt Bob Corker normalerweise den Krawall-Politikern seiner Partei. Der für Fein- und Kunstsinn bekannte Senator aus Tennessee ist bei den Republikanern die kenntnisreiche Stimme der konservativ gemäßigten Vernunft. Als ranghöchster Außenpolitiker – er führt den Vorsitz im Auswärtigen Ausschuss – begleitet der frühere Bürgermeister von Chattanooga mit sorgfältig abgeschmeckten Sätzen das Geschehen in- und außerhalb Washingtons.
Die Präsidentschaft Donald Trumps hat bei dem 65-Jährigen aber signifikante Verhaltensänderungen ausgelöst.
Innerparteiliche Revolte
Corker ist inzwischen die Speerspitze einer noch kleinen innerrepublikanischen Revolte, die Trump die geistige und charakterliche Befähigung zum höchsten Staatsamt abspricht. Mit der öffentlich geäußerten Sorge, dass der Präsident nicht zuletzt durch seine eskalierenden Twitter-Attacken gegen Nordkorea die USA "auf den Weg zu einem Dritten Weltkrieg" führen könnte, hat Corker seine bisher schärfste rhetorische Waffe abgefeuert und vielleicht die Schleusentore für eine größere Absatzbewegung geöffnet.
Trump "beunruhigt mich"
In einem Interview mit der New York Times warf der Südstaatler Trump vor, die Präsidentschaft so zu führen wie dessen frühere Fernseh-Unterhaltungsshow ("The Apprentice"). Im Weißen Haus vergehe kein Tag, an dem nicht der Versuch unternommen werde, Trump "in Schach zu halten". Wörtlich sagte Corker, der bei der nächsten Wahl aus Ernüchterung über Trump nicht mehr kandidieren will: "Er beunruhigt mich. Er sollte jeden beunruhigen, dem unsere Nation am Herzen liegt."
"Tagesbetreuung ..."
Dem Interview war eine heftige Twitter-Fehde vorausgegangen. Auslöser: Corker ist überzeugt, dass es nur dem erfahrenen Berater-Quartett (Außenminister Tillerson, Verteidigungsminister Mattis, Stabschef Kelly, Sicherheitsberater McMaster) zu verdanken sei, "dass unser Land nicht im kompletten Chaos versinkt". Weil die Kritik am Sonntag im Trump-freundlichen TV-Sender Fox News große Beachtung fand, schlug der Präsident mit Attacken zurück, die auf Corkers Integrität zielen. Worauf der Senator sarkastisch zurückgab: "Es ist schade, dass das Weiße Haus zu einer Tagesbetreuung für Erwachsene geworden ist. Da hat jemand heute morgen offensichtlich seine Schicht verpasst."
Corker hat nicht immer so geredet. Der vergangenes Jahr potenziell als Außenminister gehandelte Politiker hielt lange die schützende Hand über Trump. Erstmals im Mai sprach er von einer "Abwärtsspirale", in der sich das Weiße Haus befinde.
Absetzung Trumps?
Analysten lesen aus Corkers jüngster Breitseite die Drohung heraus, allmählich den 25. Verfassungszusatz ins Spiel zu bringen, wenn Trump nicht endlich präsidiales, berechenbares Verhalten an den Tag legt. Dort ist festgeschrieben, dass der Vizepräsident und eine Mehrheit des Kabinetts den ersten Mann im Staat absetzen können, wenn der Präsident "nicht in der Lage ist, die Funktionen und Pflichten seines Amtes auszuüben".
Corker sagt, dass die "große Mehrheit" der 52 republikanischen Senatoren seine vernichtende Analyse über den Präsidenten teilt.