Politik/Ausland

Weiße Kleider – und ein Wunder

Schon in den Tagen vor Weihnachten steht vor so manchem Haus ein geschmückter Christbaum, viele Kinder werden morgen darauf warten, dass Santa Claus Geschenke bringt. Im noch immer kommunistischen Kuba finden sich christliche Bräuche, die Kirchen sind geöffnet, auch wenn sie am Sonntag nur spärlich besucht werden. Der Vatikan hat sich stets um Kontakte zu Fidel Castro bemüht, in einem kleinen Park in Havanna erinnert eine Statue an den Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1998. Im vergangenen September war Franziskus I. hier. Der Staat garantiert laut Verfassung Religionsfreiheit, was laut Franziskus noch besser werden könne, davon profitieren auch Naturreligionen, die Sklaven ab dem 16. Jahrhundert aus Afrika brachten und die viele Kubaner bis heute mit katholischen Elementen verbinden.

Weiße Kleidung

Alle Inhalte anzeigen
Santería heißt diese Religion, die in Kuba zweifellos am meisten verbreitet ist, wobei es keine Zahlen dazu gibt. Der Santería kann man nicht beitreten, man wird dazu von einer Gottheit ausgewählt.

Der Stadtteil Guanabacoa im Osten Havannas ist bekannt dafür, dass hier viele die Santería praktizieren, ein kleines Museum erklärt anschaulich die Religion. Im ersten Raum sitzt die Figur eines Priesters, auch Babalaô genannt, im typischen weißen Gewand. Der Santería kann man nicht beitreten; eine Gottheit, Orisha genannt, wählt einen Menschen aus, weil sie ihn beschützen will, und über einen Priester erfährt das der oder die Betroffene. Nach einem Einführungsritual, das eine Woche dauert, bei dem gesungen, gegessen und getanzt wird, kleidet sich das neue Mitglied ein Jahr lang nur in Weiß. Das alles findet zwar in Privathäusern statt, aber nicht im Geheimen, Nachbarn und Freunde kommen, die Santería ist ein öffentlich gelebter Glaube.

Die katholische Kirche freut sich darüber, dass die Menschen gläubig sind, auch wenn sie die Santería nicht unterstützen kann. Denn die Sklaven, die zur Arbeit auf den Zuckerplantagen nach Kuba transportiert wurden, waren schlau. Sie ließen die spanischen Zuckerbarone und Patres im Glauben, dass sie zu den katholischen Heiligen beteten, in Wirklichkeit identifizierten sie diese Heiligen aber mit ihren Göttern, die sie aus Westafrika mitgebracht hatten.

Das kann man noch heute in dem Museum nachvollziehen. Auf dem Altar, den sich jeder zu Hause aufstellen soll, sind verschiedene Heilige zu sehen, Barbara etwa wird als Orisha Changó verehrt, sie gibt Kraft, steht aber auch für Hilfe im Krieg. Christophorus heißt Orisha Agayu und hilft am Meer, während Lazarus Babalú Ayé heißt und für Gesundheit steht. Diesen Naturgöttern – beziehungsweise Heiligen der katholischen Kirche – sind auch Farben zugeordnet.

Das Lazarus-Wunder

Der Festtag des in Violett dargestellten Heiligen Lazarus ist der 17. Dezember. An diesem Tag pilgern jedes Jahr Zehntausende Kubaner zur Wallfahrtskirche in Rincón, unweit von Havanna. Viele marschieren zu Fuß, manche rutschen auf Knien oder gehen rückwärts. Die Wallfahrt soll Krankheiten heilen oder für Gesundheit sorgen.

Am 17. Dezember 2014 wurde bekannt gegeben, dass die langjährigen Feinde Kuba und USA wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen wollen. Dass das Ende einer jahrzehntelangen Feindschaft am Festtag des Heiligen Lazarus – der Orisha Babalú Ayé – bekannt gegeben wurde, das muss ein Wunder sein, glauben in Kuba nicht nur Katholiken und Anhänger der Santería.