Politik/Ausland

Bürgerliche kürten Hardliner für Elysée

Der Kandidat der Mitterechts-Kräfte für die französischen Präsidentenwahlen 2017 heißt ab sofort Francois Fillon. Der 62-jährige konservative Hardliner besiegte im zweiten Durchgang der bürgerlichen Vorwahlen seinen moderateren Rivalen Alain Juppé (laut ersten Teilergebnissen mit rund 70 Prozent).

Die Stärke von Fillon bei diesem innerbürgerlichen Wettkampf war sein Bekenntnis zu einem radikalen Umbruch. So versprach Fillon ein drastisches Sparprogramm im öffentlichen Dienst, wo er über eine halbe Million (von insgesamt fünf Millionen) Posten abbauen möchte. Die Krankenversicherung soll teilweise "entstaatlicht" werden, die 35-Stundenwoche (bisher Berechnungsgrundlage für Überstunden) will er quasi ersatzlos streichen.

Ob die Aussicht auf eine derartige soziale Rosskur auch bei allgemeinen Wahlen eine Stärke bleibt, ist ungewiss. Bei der Stichwahl im Mai 2017 könnte Fillon auf Marine Le Pen stoßen, die Linkswähler mit einem staatslastigen und national-fürsorglichen Kurs ködert. Fillon kann aber wiederum Le Pen Wähler abspenstig machen, denen ihre staatslastig-protektionistische Schlagseite nicht geheuer ist.

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Österreich-Bezug

Skurrilerweise war Österreich indirekt mit einem Kleidungsstück in dieser Kampagne von Francois Fillon vertreten: „Le Loden“. Gemeint ist ein grüner Lodenmantel österreichischer Fraktur. Dieser fungiert als eine Art Uniform der sehr katholisch-konservativen und sehr standesbewusst-bürgerlichen Familienväter der properen Nobelbezirke des westlichen Pariser Raums. Österreich hat ja in Frankreich teilweise den Ruf, eines (unverdienterweise) besonders teuren und exquisiten Urlaubsland für die oberen Hunderttausend.

Tatsächlich spielten wert- bis erz-konservative Kreise beim Sieg von Fillon eine entscheidende Rolle. Der Chefredakteur des linksliberalen Blatts „Libération“, Laurent Joffrin, widmete dem Phänomen einen Leitartikel unter dem Titel "Loden". Darin schreibt Joffrin, der Loden habe „die Casual-Weste“ besiegt, "die Krawatte den offenen Hemdkragen", der sechszehnte Pariser Arrondissement (in Wien würde man von "Hietzinger Regimentern" sprechen) den zehnten Arrondissement (ein trendiger Multikulti-Bezirk).

So feierte die bereits erschöpft geglaubte, stramm konservative Bewegung, die vergeblich gegen die Einführung der Homo-Ehe Sturm gelaufen war, als Hilfstruppe für Fillon eine vermutlich kurze Auferstehung. Der fünffache Familienvater Fillon entspricht diesem Milieu und gab ein paar Signale in deren Richtung ab – mehr aber auch nicht.

Er sei zwar "persönlich" kein Befürworter der Abtreibung, er habe aber nie das Recht auf Abtreibung in Abrede gestellt, versicherte Fillon. Auch an der Homo-Ehe werde er nicht rütteln. Allerdings will er das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare eingeschränkter definieren. Fillon dürfte freilich zusehends von seinen konservativsten Anhängern auf die säkular-liberale Mehrheitsströmung der französischen Gesellschaft umsatteln.

Linker Scherbenhaufen

Auf Seiten der Linken sprießt unterdessen eine Unzahl von rivalisierenden Kandidaturen. Sogar Francois Hollande, der in Umfragetiefen grundelt, würde sich um seine Wiederwahl bewerben wollen. Der SP-Staatschef könnte versucht sein, seine Kandidatur noch diese Woche zu verlautbaren – unter Umgehung der für Jänner geplanten inner-sozialistischen Vorwahlen. Sein bis vor kurzem noch loyalster Gefährte, Premier Manuel Valls, hält eine derartige Wiederkandidatur von Hollande für sinnlos und droht immer unverhüllter, er werde, in dem Fall unverzüglich selber antreten. Ebenso bewerben sich unter anderen der liberale Ex-Finanzminister Manuel Macron, ein linksprotektionistischer Sozialist und der Linksaußen-Tribun, Jean-Luc Melenchon.