Politik/Ausland

Hoffnung auf politischen Frühjahrsputz

"Ausmisten" ist im Iran in diesen Tagen ein beliebtes Thema. Traditionell geht es dabei um den Frühjahrsputz vor dem persischen Neujahr.

Heuer aber wollen sich auch zahlreiche Politiker darum kümmern. Liberale Reformer haben im Wahlkampf für die heutigen Parlamentswahlen unablässig vom "Ausmisten" gesprochen – und ihnen geht es da nicht um Staub in vergessenen Winkeln, sondern um die politische Macht der Konservativen. Diese kontrollieren das Parlament, aber auch wichtige Institutionen wie den sogenannten Expertenrat. Beide werden bei diesen Wahlen neu besetzt. Die Reformer setzen auf den politischen Rückenwind durch das Atomabkommen mit dem Westen und das Ende der Sanktionen, um die konservative Übermacht zu brechen. Präsident Rohani, der ebenfalls zu den Reformern zählt, hat sich persönlich im Wahlkampf engagiert und ebenfalls Stimmung für das "Ausmisten" gemacht.

Rohani braucht eine Mehrheit der Reformer im Parlament, um die Macht der konservativen Mullahs zurückzudrängen. Entscheidend ist auch die Rolle des Expertenrates. Er fällt die wichtigste Entscheidung der kommenden Jahre im Iran: Die Nachfolge für Revolutionsführer Ali Khamenei, der mächtigsten politischen Figur im Gottesstaat. Khamenei ist 76 und an Krebs erkrankt, es könnte also bald eine Entscheidung anstehen.

Das konservative Lager hat vorerst die besseren Karten. Bei der Auswahl der überhaupt zur Wahl zugelassenen Kandidaten haben die von Konservativen dominierten Institutionen das letzte Wort – und die haben Tausende, vor allem liberale Kandidaten gar nicht zugelassen.

Fanatische Anhänger

Noch in letzter Minute vor den Wahlen haben sich mehr als tausend Kandidaten zurückgezogen. Meist aus taktischen Gründen. Denn sowohl das konservative als auch das reformorientierte Lager sind in unzählige Gruppen zersplittert. Wochenlanges Tauziehen war notwendig, um weniger aussichtsreiche Kandidaten davon zu überzeugen, einem anderen aus dem gleichen Lager, der bessere Chancen auf einen Sieg hat, Platz zu machen.

Die Konservativen haben nicht nur die politischen Machtzentralen in der Hand, sie haben auch die entschlosseneren Wähler. In den Moscheen in den Armenvierteln großer Städte wie Teheran fordern konservative Mullahs die Gläubigen persönlich auf, zur Wahl zu gehen und die islamische Republik gegen den zerstörerischen Einfluss des Westens zu verteidigen. Hier wird noch wie immer mit dem "Todfeind USA" Stimmung für die konservativen Hardliner gemacht. Wie fanatisch viele der Anhänger der Konservativen sind, bekam ein Kandidat der Reformer im Westen des Landes zu spüren. Ein aufgebrachter Mob zündete sein Auto an und bedrohte seine Schwester mit dem Messer: "Damit du nie wieder auf die Idee kommst, gegen uns anzutreten."

Die Reformer dagegen kämpfen mit der Apathie vieler Wähler, die sich nach mehr als 25 Jahren islamischem Gottesstaat nicht mehr allzu viel von politischen Reformen versprechen. Sie kümmern sich lieber um die neuen Geschäftsmöglichkeiten nach dem Ende der Sanktionen und um ihr oft ziemlich lockeres und westlich orientiertes Privatleben hinter fest verschlossenen Türen.

Kampf um Frauenrechte

Die entschlossensten Wahlkämpfer der Reformer sind die Frauen. So sind etwa in Teheran die aussichtsreichsten liberalen Kandidaten weiblich. Ihre Wahlveranstaltungen werden von Frauen regelrecht gestürmt. Verständlich, für die im Iran klar diskriminierten Frauen geht es um die Aussicht auf die längst überfällige Reform ihrer Rechte, ob es nun um Scheidung, Erbschaft oder häusliche Gewalt geht. Auch diese Kandidatinnen sprechen oft vom "Ausmisten". Schließlich, meint eine von ihnen mit etwas galligem Humor, "wissen ja Frauen besonders gut, wie das geht".