Politik/Ausland

Schärfere Aufsicht inhaftierter Neonazis

Versteckte Botschaften und Geheim-Symbole in der Post und in Kleinanzeigen: Damit wollten inhaftierte Neonazis ein Netzwerk in deutschen Gefängnissen aufbauen, das dort ihre Ideologie verbreiten und ihnen und ihren Familien finanziell helfen sollte. Ein weiteres Ziel der in mindestens drei hessischen Haftanstalten entdeckten Aktivitäten war die noch engere Bindung an kriminelle Rocker- und Motorrad-Banden.

Erst nach Hinweisen versuchen nun die Justizbehörden mit Zellendurchsuchungen und Post-Kontrollen die Aktivitäten zu unterbinden. Der Initiator wurde verlegt, er hatte auch die Hauptverdächtige im am Mittwoch beginnenden „NSU“-Prozess, Beate Zschäpe, im Gefängnis angeschrieben.

Auch wenn offen ist, ob Straftaten damit verbunden sind, will die Politik streng dagegen vorgehen: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erwägt ein gesetzliches Verbot solcher Aktivitäten. Der erste Versuch eines Netzwerkes war im vergangenen Herbst unterbunden worden.

Vorbild der Neonazis sind „Gefangenen-Hilfen“ radikaler Linker, die jahrelang den Kontakt einsitzender RAF-Terroristen untereinander und nach außen organisiert hatten. Ein Hilfsverein wird von der linksradikalen Szene weitergeführt, teils in Personalunion mit Exponenten der „Linken“ wie der aus Talkshows gut bekannten Sarah Wagenknecht.

Die Aufdeckung des Neonazi-Netzwerkes steht offenbar im Zusammenhang mit dem schweren Druck, unter dem die Justiz wegen der dilettantischen Vergabe der Presseplätze im „NSU“-Prozess steht. In dem ist Beate Zschäpe, die Gefährtin der zwei Mörder von acht eingebürgerten Türken und einem Griechen, der Mittäterschaft angeklagt, ebenso vier Helfer dieser ausländerfeindlichen Dreier-Gruppe, die sich „National-Sozialistischer Untergrund“ nannte.

Türken-Protest

Für diese politisch hochsensible Verhandlung hat das Münchner Gericht die ohnehin kargen 50 Plätze für Berichterstatter streng bürokratisch nach Anmelde-Reihenfolge vergeben. Dabei kam kein türkisches Medium zum Zug, weil die angeblich zu spät davon erfahren hatten.

Seither protestieren die türkische Presse und türkischen Organisationen in Deutschland lautstark, sie unterstellen der Justiz politische Motive. Dem schlossen sich 55 Bundestagsabgeordnete und der in Ankara weilende Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) an.

Doch das Gericht bleibt bisher stur, es beruft sich auf Sicherheit und Gesetze. Bei einem anderen viel beachteten Verfahren, dem des Wettermoderators Kachelmann, war ein Presse-Kontingent für dessen Schweizer Landleute reserviert gewesen. Auf Eilantrag einer türkischen Zeitung prüft nun das Verfassungsgericht die Chancen und juristischen Risken für eine Vergabe-Änderung.