Politik/Ausland

Vielredner Steinbrück verteidigt sich

Keiner der 620 Abgeordneten im deutschen Bundestag verschaffte sich in der laufenden Legislaturperiode so viele Nebeneinkünfte wie der Herausforderer von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Die Diskussion darüber drohte dem SPD-Spitzenkandidaten den Start in den frühen Wahlkampf für den Urnengang im Herbst 2013 zu verhageln. Nun versucht Peer Steinbrück den Befreiungsschlag.

"Auf Heller und Pfennig" stellte er die Einkünfte auf seine Internetseite, die von den den Zugriffen bald blockiert war: Sie liegen klar über dem, was aus seinen Pflichtmeldungen an den Bundestag hervorging, wo nur eine Untergrenze von 700.000 Euro erkennbar ist.

89 Vorträge hat der Ex-F­inanzminister aus Merkels Großer Koalition seit 2009 gegen Honorar gehalten. Darunter auch zwei in Österreich: Das Renner Institut zahlte 1000, die Hypo Niederösterreich 15.000 Euro. Im Schnitt lag das Honorar bei 14.000 Euro, das höchste bei 25.000 Euro. Die Auftraggeber kamen überwiegend aus der Wirtschaft, vor allem aus dem Finanzbereich und aus Verbänden. Zwei Honorare hatte er gegenüber dem Bundestag "verschwitzt", aber "alle mit 48 Prozent versteuert". Einige Auftraggeber bat er um Spenden statt Honorare, einige spendete er selbst, sagt aber auch weiter nicht, wem und wie viel.

Unter Zugzwang

Die politische Interpretation dazu lieferte Steinbrück angesichts der Kritik selbst vor der Presse. Nicht nur die Koalitionsparteien und die Grünen, auch Bürgerforen wie abgeordnetenwatch.de und Transparency International hatten präzise Auskunft über Höhe und Auftraggeber verlangt, die Steinbrück bisher unter dem Mantel der Privatheit hatte halten wollen. Er habe "auch 250 unbezahlte Vorträge gehalten". Denn das "Vermitteln von Politik" sei eine Hauptaufgabe eines Politikers.

Die Aufträge habe er a­ngenommen, "als ich und die SPD nicht wussten, dass ich nochmals in den Ring steigen würde". Vorwürfe, er habe statt im Bundestag auswärts gegen Geld geredet, wies er zurück: Er habe "in neun Sitzungstagen und zwei namentlichen Ab­stimmungen" gefehlt. "Berührt" habe ihn der Vorwurf, von der Finanzindustrie abhängig zu sein: "Die Verdächtigung finde ich absurd."

Auf die Frage, ob er 20.000 Euro für zwei Stunden Reden angesichts der deutschen Durchschnittseinkommen für leistungsgerecht halte, berief sich der sozialdemokratische Spitzenkandidat auf den freien Markt: "Das müssen die beurteilen, die mich eingeladen haben, meine Honorare bewegen sich im Durchschnitt." Er habe "nicht den Eindruck", dass dies in der SPD problematisch sein könne, schließlich wisse die Partei, dass auch er "schon mal arbeitslos war und von 1000 Euro leben musste".

Dem widersprach der "Koordinator der SPD-Linken", Ralf Stegner, in der Welt: "Es ist natürlich klar, dass die meisten Parteimitglieder eine solch hohe Summe immer skeptisch sehen werden."

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