USA: Lebenslang in bizarrem Morddrama um Millionenerben
Von Dirk Hautkapp
Von Blasenkrebs gezeichnet, verhärmt, im Rollstuhl sitzend – dem Mann, der am Donnerstag in Los Angeles gerichtlich beglaubigt erfuhr, dass er hinter Gittern sterben wird, sieht man den eiskalten Mörder nicht an.
Doch das genau ist nach Überzeugung von Richter Mark Windham Robert Durst: 78 Jahre alt, Sohn eines Immobilien-Milliardärs und Hauptfigur in einem der bizarrsten Fälle der jüngeren US-Rechtsgeschichte.
Weil er im Jahr 2000 am Tag vor Heiligabend seine enge Vertraute Susan Berman, in deren Haus in Beverly Hills mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet hatte, entschied die Geschworenen-Jury auf lebenslänglich; ohne Bewährungs- oder Begnadigungsmöglichkeit.
Durst nahm das De-facto-Todesurteil wortlos mit starrem Blick hinter einer Coronaschutz-Maske zur Kenntnis.
Vielleicht ahnend, dass da noch was kommt …
1982 verschwand Dursts Ehefrau Kathleen McCormack im US-Bundesstaat New York spurlos. Die damalige Medizinstudentin, die 2017 für tot erklärt wurde, wollte sich scheiden lassen. Zu Beginn der 2000er Jahre nahmen die Ermittler den Fall wieder auf. Gerüchte, dass der exzentrische bis psychopathische Durst die Gattin um die Ecke gebracht haben soll, verdichteten sich.
Wer davon wusste?
Allen voran Susan Berman, Tochter des ukrainisch-amerikanischen Mafioso David Berman. Sie verschaffte Durst Anfang der 80er Jahre kurzzeitig ein Alibi, als sie sich gegenüber der Universität in New York, an der Kathleen McCormack seinerzeit studierte, als Dursts Frau ausgab.
Aus Sorge, Berman könnte ihn bei der Staatsanwaltschaft ans Messer liefern, räumte Durst sie aus dem Weg. Mit einem später anonymen Brief, der einen entlarvenden Schreibfehler enthielt, machte er die Polizei in L.A. persönlich auf den „Kadaver“ im Haus am Benedict Canyon aufmerksam – und tauchte danach unter.
Untergetaucht
Durst verkleidete sich als alte Frau, hauste, obwohl steinreich, in einer schäbigen Bleibe für 300 $ Monatsmiete in Texas. Nachbar Morris Black wusste um die Scharade. 2001 kam es zum Streit. Durst erschoss den Rentner.
All das wäre wohl nie ans Licht gekommen, wäre Durst nicht von Geltungsdrang zerfressen gewesen. Er überredete Regisseur Andrew Jarecki zu einer Dokumentar-Serie – und stellte sich als Kronzeuge zur Verfügung.
Sie war als „Der Unglücksbringer: Das Leben und die Tode des Robert Durst“ bei Sky zu sehen. In der letzten Folge ging Durst mit einem noch eingeschalteten Mikrofon am Hemdkragen aufs Klo. Im Selbstgespräch flüstert er Sätze, die wie eine Bombe einschlugen: „Was für ein Desaster. Sie haben dich überführt. Was zum Teufel habe ich getan. Natürlich, ich habe sie alle umgebracht.“
Der Prozess gegen ihn begann im Frühjahr 2020. Nach langer Corona-Pause erfolgte der Urteilsspruch: schuldig.
Von Kathleen Durst fehlt bis heute jede Spur.