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Selbst Barack Obama brauchte Styling-Nachhilfe

Den 20. Jänner 2009 wird Jason Wu sein Leben lang nicht vergessen. An diesem Tag feierte Barack Obama seine erste Amtseinführung auf dem Inauguration Ball. An seiner Seite Ehefrau Michelle in einem weißen Chiffonkleid, welches Wu eigens für sie entworfen hatte. Innerhalb kürzester Zeit wurde der bis dahin nur Insidern bekannte Designer, der sich mit seinem Entwurf gegen zahlreiche Kollegen durchgesetzt hatte, weltberühmt. Heute gehört er nicht nur zu Obamas favorisierten Modeschöpfern, sondern auch zu den erfolgreichsten der Welt.

Das Ballkleid der US-First Lady für den Abend der Amtseinführung nähen zu dürfen, gilt unter Designern als einer der begehrtesten Jobs. Kein Wunder, denn es gibt kaum eine größere Ehre und bessere Werbung für die eigenen Kreationen. Was die Frau an der Seite eines der mächtigsten Männer der Welt trägt – oder zu tragen hat – sorgt seit jeher für Gesprächsstoff. "Die Menschen wollen eine Identifikationsfigur", sagt Gerda Buxbaum im Gespräch mit dem KURIER. Deshalb sei laut der Modehistorikerin der First- Lady-Look über die Jahre hinweg immer wichtiger geworden.

Jackie mischt modisch auf

Als Stilikone schlechthin gilt bis heute Jacqueline Kennedy, die mit ihrem untrüglichen Gespür für Mode erstmals Glamour ins Weiße Haus brachte. Ob pastellfarbenes Shiftkleid, übergroße Sonnenbrille oder Pillbox-Hut – was Jackie trug, wurde zum Klassiker der Modegeschichte. Letzteres machte sie zu ihrem Markenzeichen und ließ sich unzählige Varianten von ihrem privaten Hutdesigner Roy Halston Frowick anfertigen.

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Ihre Kleider kaufte die studierte Journalistin am liebsten bei teuren französischen Modemachern. Angeblich sei ihre anfängliche Kleiderwahl vielen zu wenig amerikanisch gewesen, weshalb die Ehefrau von John F. Kennedy 1961 Oleg Cassini, der bereits für Marilyn Monroe und Shirley Temple gearbeitet hatte, zu ihrem persönlichen Schneider ernannte.

Jackie Kennedy war auch die erste Frau im Weißen Haus, die die Entwürfe von Oscar de la Renta für sich entdeckte. Bis heute gilt der 2014 verstorbene Designer als unangefochtener Liebling der First Ladies. Nancy Reagan entwickelte einen Faible für rote Kleider des US-Modemachers, Laura Bush feierte beim Inauguration Ball 2005 in einer von ihm kreierten Robe und Hillary Clinton entschied sich sogar für beide Amtseinführungsbälle ihres Ehemannes für Stücke von Oscar de la Renta.

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Letztere hat ihren Look seit ihrer Zeit als First Lady grundlegend geändert. Durften es vor zwei Jahrzehnten noch knallgelbe Kostüme und blumenverzierte Hüte sein, setzt die heutige Präsidentschaftskandidatin fast ausschließlich auf Hosenanzüge. "Sie kommuniziert, dass sie hier diejenige ist, die die Hosen anhat", weiß Stilberaterin Martina Forthuber. Laut der Mode-Expertin seien solche Looks ein klares Signal von Sachlichkeit. Auch die Farben der einzelnen Outfits sind heute bewusster gewählt. Mit ausdrucksstarken Farben wie Rot setzt sie ein klares Statement. Sie wolle damit Power zeigen, so Forthuber.

Der Mann, den alle wollen

Apropos Hosen anhaben. Der Look der Präsidenten steht weit weniger im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, deshalb greifen sie jedoch noch lange nicht zum Anzug von der Stange. Seit rund 70 Jahren ist Martin Greenfield der Mann, bei dem die Mächtigen anrufen, wenn sie ein Outfit brauchen. Der Holocaust-Überlebende wanderte 1947 nach Amerika aus und legte dort einen Aufstieg hin, den man sonst nur aus Hollywood-Filmen kennt. Als Laufbursche fing Greenfield in einer Schneiderei an, kaufte diese später und gehört heute zu den besten Anzugherstellern der Welt. Bereits Dwight D. Eisenhower und John F. Kennedy schwörten auf die perfekte Verarbeitung seiner Sakkos, später vertraute Bill Clinton auf sein Können. Auch Barack Obama sah man in den vergangenen sieben Jahren größtenteils in Anzügen von Martin Greenfield Clothiers.

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So viel Spielraum wie ihre Frauen haben Präsidenten natürlich nicht – schließlich gilt es Seriosität und Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Wichtig sei laut Buxbaum, dass die Männer ihren Stil finden. "Dann braucht man nur auf stilistische Details zu achten", sagt die ehemalige Direktorin der Modeschule Hetzendorf. Denn auch wenn klassische Anzüge die Gefahr für modische Fettnäpfchen minimieren, muss selbst ein (angehender) Präsident manchmal erst lernen, sich wie ein solcher zu kleiden.

Mädchen für alles

Reggie Love war derjenige, der Barack Obama vor so manchem Fehlgriff bewahrte. Als persönlicher Assistent war er im Weißen Haus das Mädchen für alles: Er besorgte das Lieblingsessen, passte auf die Kinder auf – und spielte Modeberater. Denn im Gegensatz zu anderen Politikern hatte Obama während seinem ersten Wahlkampf 2007 keinen Stylisten. "Meistens blieb diese Aufgabe an mir hängen", schrieb Love in seinen Memoiren mit dem Titel "Power Forward: My Presidential Education". "Wir mussten beide lernen, wie wir uns gemäß unserer Rollen anzuziehen hatten. Denn der Eindruck, den wir hinterließen, konnte bei der Wahl den Unterschied zwischen einem Ja und einem Nein machen."

Dass nicht nur Worte und Taten, sondern eben auch ein Anzug oder Kleid wichtig sind, wusste auch Kennedy. Bei einem Besuch in Paris stellte er sich mit den Worten "Ich bin der Mann, der Jackie Kennedy begleitet" vor. Ihren Stil und ihre Beliebtheit wusste er auch für sein eigenes Image zu nutzen.