UNO-Chef verkündet Bildung von Verfassungskomitee für Syrien
Nach mehr als acht Jahren Bürgerkrieg in Syrien soll ein neuer Verfassungsausschuss den Weg zu einer politischen Lösung für den Konflikt bahnen. Die Kriegsparteien einigten sich nach monatelangem Ringen auf die Einrichtung des Ausschusses, wie UNO-Generalsekretär António Guterres am Montag in New York mitteilte.
Der UN-Syrien-Vermittler Geir Pedersen soll das Gremium in den kommenden Wochen in Genf erstmals einberufen. Der Ausschuss müsse der Beginn eines "politischen Weges aus der Tragödie heraus" sein, erklärte Guterres weiter. Er mahnte zugleich vertrauensbildende Maßnahmen an.
Vertreter der Regierung und der Opposition hatten sich im Jänner 2018 beim "Kongress der Völker Syriens" im russischen Badeort Sotschi darauf geeinigt, eine Verfassungskommission einzusetzen. Sie wird mit jeweils 50 Vertretern der Regierung und der Opposition sowie mit 50 Vertretern der Zivilgesellschaft besetzt sein. Dieses letzte Drittel der 150 Ausschussmitglieder war jedoch bis zum Schluss umstritten, da keine Seite über diesen Weg eine Mehrheit bekommen sollte.
Unklare Zielsetzung
Daneben gibt es weitere offene Fragen. So war zunächst unklar, was die genaue Aufgabe des Ausschusses sein wird. Während die Opposition eine völlig neue Verfassung ausarbeiten will, strebt die Regierung unter Präsident Bashar al-Assad nur Änderungen der bestehenden Verfassung an. Sie sieht sich generell in einer starken Position, da Assads Truppen in den vergangenen Monaten wichtige Geländegewinne erzielt hatten. Mittlerweile kontrollieren sie wieder rund zwei Drittel des syrischen Staatsgebiets, darunter die großen Städte.
Seit dem Ausbruch des Konflikts im März 2011 hatte es zahlreiche Versuche der Vereinten Nationen gegeben, eine politische Lösung für die Krise zu finden. In Genf trafen sich Vertreter der Regierung und der Opposition mehrmals zu indirekten Verhandlungen unter UNO-Vermittlung, die jedoch alle ohne konkrete Ergebnisse blieben. Stattdessen eskalierte die Lage am Boden immer wieder. Mittlerweile sind in dem Konflikt mehr als 400.000 Menschen getötet worden. Große Teile des Landes sind zerstört. Millionen Syrer wurden vertrieben.
Besonders angespannt ist die Lage derzeit in Syriens letztem großem Rebellengebiet um die Stadt Idlib. Russland als Verbündeter der Regierung sowie die Türkei als Unterstützer der Rebellen hatten sich vor einem Jahr auf eine entmilitarisierte Pufferzone geeinigt, um eine Offensive der Regierung zu verhindern. Assads Truppen begannen jedoch im April mit Angriffen. Russische Jets unterstützen sie aus der Luft. Bei den Bombardierungen werden auch immer wieder Kliniken und andere wichtige Infrastruktur ins Visier genommen.
In der Region Idlib im Nordwesten Syriens leben nach Schätzungen rund drei Millionen Zivilisten, mehr als die Hälfte davon Vertriebene. Die benachbarte Türkei befürchtet eine neue Flüchtlingswelle, sollte die Lage dort weiter eskalieren. Beherrscht wird das Gebiet von der Al-Kaida-nahen Miliz Haiat Tahrir al-Sham (HTS). Assads Regierung rechtfertigt die Angriffe mit dem "Kampf gegen den Terror".