Politik/Ausland

"Unerhörte Angriffe": Frankreich beruft Botschafter aus Italien zurück

Der seit Monaten schwelende Streit zwischen Frankreich und Italien geht in die nächste Runde: Flüchtlingspolitik, Unterstützung der „Gelbwesten“-Proteste seitens Roms sowie Bauverzögerungen bei der Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon sind Reizthemen zwischen den beiden Ländern. Erst im Jänner sorgte Italiens Vize-Premier Luigi Di Maio mit seinem Vorwurf,  Frankreichs Kolonialismus sei für die Flüchtlingswelle aus Afrika verantwortlich, für einen diplomatischen Eklat.

Nach einem Treffen zwischen  Di Maio mit Vertretern der „Gelbwesten“ am Dienstag in Paris sind die bilateralen Beziehungen erneut auf einem  Tiefpunkt angelangt. Der Fünf Sterne-Chef ermunterte als  Fan der  Protestbewegung diese  wiederholt zum Weitermachen. Gemeinsam mit Fünf Sterne-Spitzenpolitiker Alessandro Di Battista und EU-Parlamentariern der Fünf Sterne traf er  unter anderem den Sprecher der  „Gelbwesten“, Christophe Chalencon.

Politisch am rechten Rand stehend forderte Chalencon nicht nur den Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron, sondern plädierte sogar für einen Militärputsch. „Es gibt mehrere gemeinsame Schwerpunkte in Sachen Bürgerrechte, direkte Demokratie und Umwelt“, sagen die Fünf Sterne-Politiker.

„Der Wind des Wandels hat die Alpen überquert“, twitterte Di Maio nach dem Treffen. Als „inakzeptable Provokation“ bezeichnete hingegen ein Sprecher des französischen Außenministeriums die Einmischungen aus Italien. Sie würden den Respekt verletzen, den demokratisch und frei gewählte Regierungen einander schulden. Frankreich hat am Donnerstag seinen Botschafter aus Italien für Gespräche zurückberufen.

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Seit Langem sorgen französische Grenzkontrollen in Italien für Unmut. Die französische Polizei kontrolliert etwa in italienischen Zügen, die in Modane  Richtung Menton unterwegs sind. Rigoroses Vorgehen und  viele Rückschiebungen sorgen für Verzögerungen im Reiseverkehr.  

„Wir haben Kontakt zu den Franzosen aufgenommen, wir verlangen Respekt und Vernunft“, betonte man im italienischen Innenministerium. Frankreich, so der Vorwurf, würde Rom in der Flüchtlingsfrage im Stich  lassen. Französische Gendarmen setzten afrikanische Geflüchtete in Waldgebieten im Niemandsland zwischen Frankreich und Italien aus und überließen sie ihrem Schicksal. Menschenrechtsaktivisten berichten, dass es Flüchtlingen in der  Region nahe der Côte d’Azur häufig verweigert werde, einen Asylantrag zu stellen.

In der Causa der Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon wirft Paris Rom  Verzögerungstaktik vor. Die Bahntrasse sorgt zudem seit Monaten für Spannungen innerhalb der Lega-Fünf-Sterne-
Koalition. Während die rechte Lega auf dem Projekt beharrt, hält es die populistische Fünf-Sterne-Bewegung für zu kostspielig.

Doch nicht nur Frankreich macht Druck, auch Brüssel: Die EU-Kommission droht Italien mit der Rückforderung von bereits überwiesenen EU-Beiträgen, sollte sich der Ausbau weiter verzögern.