Politik/Ausland

Ukraine bietet Russland Neutralität gegen Sicherheitsgarantien an

In die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine kommt Bewegung. Nach direkten Beratungen in Istanbul sprach der russische Unterhändler Wladimir Medinski am Dienstag von konstruktiven Gesprächen. Die Ukraine bot ihre Neutralität und den Verzicht auf einen NATO-Beitritt an. Moskau kündigte daher an, die militärische Aktivität rund um Kiew und Tschernihiw drastisch zu verringern. Laut den USA soll es sich dabei aber um eine "Umgruppierung, nicht einen Abzug" handeln.

Die Welt müsse sich auf weitere russische Großoffensiven in anderen Teilen der Ukraine einstellen, sagte ein US-Insider. Niemand dürfe die russischen Truppenbewegungen mit einem Ende des Konflikts verwechseln. Ein Sprecher des britischen Premierministers Boris Johnson berichtete am Nachmittag von einem Rückgang der russischen Bombardements um Kiew, betonte aber, die russischen Truppen müssten das Land verlassen. Der britischen Regierung zufolge wäre ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine keine ausreichende Grundlage für eine Aufhebung von Sanktionen gegen Moskau. Stattdessen fordert London einen vollständigen Abzug aller russischen Truppen aus dem Land.

Sicherheitsgarantien

Der ukrainische Unterhändler Olexander Tschaly sagte nach den Beratungen in Istanbul, die Ukraine habe einen neutralen Status des Landes gegen Sicherheitsgarantien angeboten. Als Garantieländer werden etwa Israel, die Türkei, Kanada und Polen genannt. Zudem sollte für die von Russland 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim eine 15-jährige Prüfphase vereinbart werden. Die Ukraine würde nicht der NATO beitreten und auf die Schaffung ausländischer Militärbasen in dem Land verzichten. Die Ukraine möchte aber weiter Mitglied der EU werden.

Medinski erklärte, die Vorschläge Kiews würden geprüft und an Präsident Wladimir Putin übermittelt. Die Verringerung des Militäreinsatzes sei einer von zwei Schritten, die Moskau zur Deeskalation unternehme. Der zweite sei ein Treffen Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieses sei aber nur möglich, wenn zuvor eine Vereinbarung zwischen den Außenministern beider Länder erzielt worden sei.

Zufriedene Gastgeber

Die Gespräche hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vermittelt. Sie sollen am Mittwoch nicht fortgesetzt werden, die Delegation reisen zu Beratungen mit ihren Regierungen zurück. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu machte eine Annäherung bei den Verhandlungen aus. Sie seien die bisher wichtigsten gewesen. Die schwierigeren Themen würden zu einem späteren Zeitpunkt von den Außenministern beider Seiten besprochen. "Dieser Krieg muss beendet werden."

Alle Inhalte anzeigen

Unterhändler eingetroffen

Die russischen Unterhändler waren am Montag in der türkischen Metropole eingetroffen, wo bereits am 10. März eine frühere Verhandlungsrunde auf Außenministerebene stattgefunden hatte - allerdings ergebnislos. Die Gespräche wurden anschließend per Videokonferenz fortgesetzt. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte jedoch am Montag erst gesagt, dass es bisher keine "signifikanten Fortschritte" gegeben habe.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hatte sich zuletzt gesprächsbereit über die von Russland geforderte Neutralität seines Landes gezeigt. Er hatte allerdings betont, über jegliche Einigung in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Außerdem hatte er ein persönliches Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin gefordert, was der russische Außenminister Sergej Lawrow zuletzt als "kontraproduktiv" zurückgewiesen hatte.