Ukraine bittet Österreich um Hilfe für nahenden Winter
Der ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, erhofft sich von Österreich Hilfe für den nahenden Winter. "Die Raketenangriffe auf die Ukraine werden fortgesetzt werden. Viele Menschen werden ohne Strom, Warmwasser und Heizung bleiben", sagte er im Interview mit der APA zum Anlass des Tages der Verteidigerinnen und Verteidiger der Ukraine am Freitag. Außerdem forderte Chymynez weitere Sanktionen, etwa gegen den russischen Atomkonzern Rosatom.
Dringend benötigen die Ukrainer Stromaggregate, warme Kleidung und Ausrüstung sowie winterfeste Schlafsäcke, erklärte Chymynez. Der Botschafter dankte gleichzeitig der österreichischen Bundesregierung, den Landesregierungen und der Bevölkerung für die bisherige Unterstützung. "Wir sind der österreichischen Regierung und Gesellschaft sehr dankbar, dass sie trotz der Schwierigkeiten durch die Teuerung weiter zur Ukraine stehen." Angesichts der Raketenangriffe sei besonders die Luftabwehr für die Ukraine lebensnotwendig. Dringenden Bedarf hat die Ukraine zudem an Hilfe beim Wiederaufbau von Gemeinden und zerstörter Infrastruktur.
Die Sanktionen wirken
Die Sanktionen gegen Russland, das am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann, wirken, betonte Chymynez. Erkennbar sei dies etwa daran, dass den russischen Streitkräften offensichtlich Ersatzteile und angemessene Ausrüstung fehlen. Allerdings gebe es bei den Sanktionen "noch viele Löcher, die gestopft werden müssen". Der Diplomat verwies darauf, dass nicht alle russischen Banken und nicht alle Mitglieder des Regimes von Präsident Wladimir Putin sanktioniert würden. Auch der staatliche Rosatom-Konzern sei ausgenommen. Nach der Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja würde Russland "Europa mit Atom terrorisieren". Angesichts der "ernsthaften Gefahr" forderte Chymynez zudem eine Sicherheitszone um das AKW.
Chymynez stellte auch klar, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij keinen Atomschlag gegen Russland verlangt habe, so wie manche Beobachter Worte Selenskijs verstanden hatten. "Das hat er nicht gemeint", erklärte der Diplomat. Der Präsident habe gefordert, dass die NATO die Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes durch Russland ausschließen und Russland die Konsequenzen vor einer möglichen Entscheidung zur Verwendung von Atomwaffen klargemacht werden müsse.
Die Ukraine habe 1994 das drittgrößte Atomwaffenarsenal der Welt abgegeben. Sollte die Atommacht Russland ein Land ohne Atomwaffen bedrohen, dann sei dies eine Drohung, die über die Ukraine hinausgehe. "Viele andere Länder werden versuchen, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen, weil dies als ein wirkungsvolles Instrument zur Verteidigung der eigenen Sicherheit erscheint." 83 Prozent der Ukrainer seien mittlerweile für einen Beitritt zur NATO.
"Keine Angst vor Russland"
"Es ist an der Zeit, keine Angst mehr vor Russland zu haben", betonte Chymynez und verwies auf die ukrainischen Streitkräfte, die effektiv, furchtlos und aufopfernd kämpften. Nun zeige sich, "wie groß die Misere ist", sagte der Botschafter im Hinblick auf mangelnde Disziplin, schlechte Moral und fehlende Ausrüstung der russischen Soldaten. "Wir zeigen, dass es möglich ist, Russland zu besiegen".
Angesprochen auf Friedensverhandlungen betonte der Botschafter: "Die Ukrainer sind die ersten, die einen Frieden wollen." Allerdings dürfe Russland nicht gewinnen, denn dann "würde die Ukraine nicht mehr existieren", so Chymynez. "Wenn die Ukraine nicht gewinnt, wird die Folge sein, dass Putin noch weitere Länder überfallen wird und dass die russischen 'Werte' sich in Europa verbreiten". Basis jeglicher Verhandlungen müsse daher sein, dass die Ukraine ihre territoriale Integrität und Souveränität wiedererlange. Mit Putin, der die UNO-Statuten verletze und gegen das Völkerrecht verstoße, könne Kiew nicht verhandeln.
Der Tag der Verteidigerinnen und Verteidiger der Ukraine wird am 14. Oktober begangen. Gleichzeitig ist es in den Ostkirchen das Fest Mariä Schutz und Fürbitte sowie der Tag des ukrainischen Kosakentums.