Politik/Ausland

Türkei und Deutschland: Empörung über Empörung

"Gebt den politischen Parteien Unterstützung, die der Türkei nicht feindlich gesinnt sind. Es ist nicht wichtig, ob sie die erste oder zweite Partei sind."

Mit diesen Worten rief Recep Tayyip Erdogan Deutsch-Türken am Freitag dazu auf, CDU und SPD bei den Wahlen im September zu boykottieren. "Das sind alles Türkeifeinde". Es handle sich dabei "für meine Bürger in Deutschland" um eine Frage "der Ehre", meinte der türkische Staatspräsident.

Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) reagierten scharf. Man verbitte sich jegliche Einmischung in den deutschen Wahlkampf, hieß es unisono.

Das wiederum brachte am Samstag den türkischen Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag auf den Plan. "Es sind respektlose, sehr unverschämte Äußerungen, die die Grenzen des Anstands überschreiten", sagte er am Samstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu.

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"Illegitime Einmischungen" auf beiden Seiten

Bozdag machte deutlich, dass Ankara Erdogans Aufruf nicht als illegitime Einmischung in die deutsche Wahl betrachtet: Erdogan habe sich lediglich an die wahlberechtigten türkischen Staatsbürger in Deutschland gewandt, nicht an die anderen Bürger Deutschlands, erklärte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatten sich das verbeten. "Wir werden uns von niemandem, auch nicht von Präsident Erdogan, da hineinreden lassen, dass unsere deutschen Staatsbürger, egal welcher Abstammung sie sind, (...) ein freies Wahlrecht haben", sagte Merkel am Freitagabend in Herford. "Und wir verbitten uns jede Art von Einmischung in die Meinungsbildung."

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem "einmaligen Eingriff in die Souveränität unseres Landes". Schulz sagte in Düsseldorf: "Was nimmt dieser Mann sich eigentlich raus? Es ist nicht die Aufgabe eines türkischen Staatspräsidenten, Anweisungen für die Bundestagswahl zu geben." An die Adresse der türkischstämmigen wahlberechtigten Bundesbürger sagte er: "Ihr gehört zu uns. Wir lassen nicht zu, dass in unserem Land zwei Bevölkerungsgruppen gespalten werden."