Tsipras will Neuwahlen am 20. September
Die erste Tranche seines insgesamt 86 Milliarden Euro umfassenden Hilfspaketes hat Athen am Mittwoch Abend erhalten – und gestern auch schon umgehend drei Milliarden davon an EZB-Schulden zurückgezahlt. Damit ist Griechenland wieder liquide, und Premier Alexis Tsipras ging sofort die nächste Baustelle an:
Griechenland zahlte 3,4 Mrd. Euro an EZB zurück
"Ich fühle die tiefe moralische und politische Verantwortung, Sie nun politisch bewerten zu lassen, was ich gemacht habe – das Richtige und die Fehler, die Erfolge und die Versäumnisse", sagte er gestern in einer emotionalen TV-Ansprache – und gab seinen Rücktritt bekannt.
Dieser Schritt ebnet Griechenland den Weg zu Neuwahlen. Der Termin für den vorgezogenen Urnengang wird bereits der 20. September sein. Er brauche ein erneuertes demokratisches Mandat, um mit den internationalen Geldgebern über Schuldenerleichterungen zu verhandeln, sagte Tsipras.
Gute Chancen
Der Vorteil für den 41-jährigen Premier liegt auf der Hand: Trotz neuerlichen Sparprogrammes, das auf die Griechen zukommt, ist der Chef der linken Syriza-Partei in der Bevölkerung weiterhin populär. Kein einziger Politiker einer Oppositionspartei kann ihm in Umfragen auch nur annähernd das Wasser reichen. Bei raschen Neuwahlen hätte Alexis Tsipras also gute Chancen zu siegen.
Notwendig wurde der Schritt, die nur sieben Monate alte Regierung aufzulösen, weil der linke Flügel seiner eigenen Partei Premier Tsipras mehrmals die Gefolgschaft verweigert hat. Bei den Parlamentsabstimmungen über das dritte Hilfspaket für Griechenland hatten über 40 Syriza-Abgeordnete und mehrere Minister nicht mitgezogen. Einer von ihnen war Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis. Er wurde daraufhin vom Regierungschef abberufen und durch Euklid Tsakalotos ersetzt. Der radikal linke Flügel der Syriza könnte sich nun abspalten und eine eigene Bewegung gründen. Sie dürfte Tsipras aber kaum gefährlich werden. Dass der Chef der Syriza eine Allein-Regierung bilden kann, gilt jedoch als unwahrscheinlich.
Schon nach seinem Wahlsieg im Jänner hatte der Regierungschef eine ungewöhnliche Koalition gebildet. Der Linke arbeitet ausgerechnet mit dem Rechts-Nationalisten Panos Kammenos und seinen "Unabhängigen Griechen" zusammen. Ihr ursprünglich einzig gemeinsames Ziel: "Nein" zur Diktatur der internationalen Kreditgeber.
In einer ersten, optimistischen Reaktion auf die Neuwahlankündigung in Griechenland hat das Büro von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mitgeteilt, der Urnengang "könnte zu einer breiteren Unterstützung für das Programm des Rettungsfonds ESM führen".
Die Börsen reagierten skeptischer: In Athen rauschten die Kurse um 3,5 Prozent nach unten, in Frankfurt und Paris um je zwei Prozent.