Trump demütigt Tillerson mit Genuss und bedroht Medien
Von Dirk Hautkapp
Rex Tillersons Mundwinkel zeigten noch nie fröhlich nach oben. Seit er aber sein geliebtes Texas gegen das Haifischfischbecken Washington eingetauscht hat, verheißt die versteinerte Mimik des US-Außenministers noch weniger Optimismus.
Der frühere Manager des weltgrößten Öl-Konzerns Exxon Mobil fühlt sich in der Rolle des Chef-Diplomaten unter Präsident Donald Trump, zu der ihm seine Gattin Renda noch geraten hatte, zunehmend fehl am Platze. Eine stattliche Reihe von öffentlichen Herabsetzungen und Schurigeleien, Trumps bevorzugte Herrschaftsinstrumente, haben den 65-Jährigen wund gerieben.
Mehr als einmal soll der in der Tradition der Pfadfinder aufgewachsene Industrielle gedanklich an seinem Rücktrittsgesuch gesessen haben, schreiben US-Zeitungen. Zu erratisch, zu unbeherrscht und zu undurchdacht empfindet der außenpolitische Novize, dem das State Departement intern selbst große Führungsschwächen anlastet, das Gebaren des Commander-in-Chief. Hauptstadt-Insider halten das Verhältnis der beiden Männer trotz aller Schönwetter-Beteuerungen für irreparabel zerrüttet. Mit Nikki Haley (UN-Botschafterin) und Mike Pompeo (CIA-Chef) werden bereits als mögliche Nachfolger ventiliert. Die Frage sei nicht mehr, ob der "Rexit" komme, sondern nur noch: wann.
Nur wenige Beobachter halten dagegen, dass der privat auf über 500 Millionen Dollar geschätzte Öl-Mann sich gemeinsam mit Verteidigungsminister James Mattis, Stabschef John Kelly und Sicherheitsberater H.R. McMaster im Angesicht von Krisen wie Nordkorea als letzte Bastion der Vernunft begreift, um den mit einem "Schnellkochtopf" verglichenen Trump vor der Explosion und die Welt vor der Katastrophe zu bewahren.
Wie weit die Entfremdung, die schon bei Themen wie Pariser Klima-Vertrag, Katar oder Iran erkennbar wurde, zwischen den beiden vorangeschritten ist, war nie klarer als zuletzt. Während der chronisch medienscheue Tillerson in China dezent von direkten Gesprächskanälen mit Nordkorea schwärmte und die leise Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Diktator Kim Jong-un nährte, zog Trump seinem Chef-Emissär brutal die Beine weg. "Ich habe Rex Tillerson, unserem wunderbaren Außenminister, gesagt, dass er seine Zeit vergeudet, indem er versucht, mit dem kleinen Raketenmann zu verhandeln", twitterte Trump, "Spar dir deine Energie, wir werden tun, was getan werden muss."
In diplomatischen Zirkeln in Washington wurde die öffentliche Demontage als "vorgezogenes politisches Todesurteil" für Tillerson gewertet.
"Trottel"
Als kurz danach durchsickerte, dass Tillerson seinen Chef intern als "Trottel" bezeichnete ("moron"), schien die Trennung nur noch eine Frage von Stunden. Tillerson fing die anschwellende Wutwelle Trumps durch eine Ergebenheitsadresse vor laufender Kamera ab, ohne zu dementieren, dass er den Präsidenten tatsächlich einen Deppen genannt hatte.
Trump wurmen solche Feinheiten. Also legt der Meister der ambulanten Demütigung nach. Gegenüber Forbes stellte Trump in Aussicht, sich mit Tillerson einem Intelligenztest zu unterziehen. "Und ich kann Ihnen sagen, wer gewinnen wird." Er meinte sich selbst.
Nur ein "Scherz", so das Weiße Haus später, Trump habe "100-prozentiges Vertrauen" in seinen Außenminister. Den Gesichtsausdruck zu sehen, den der nach den Hollywood-Stars Rex Allen und John Wayne benannte Tillerson (Mittelname Wayne) gemacht hat, als er das hörte, dafür würden nicht wenige in Washington ein Vermögen geben.
US-Präsident Donald Trump hat seine Medienschelte verschärft und indirekt mit einem Entzug von Lizenzen gedroht. "Angesichts der ganzen Falschnachrichten, die von NBC und den Gesellschaften kommen, ist es ab wann angebracht, ihre Lizenzen infrage zu stellen? Schlecht für das Land!", schrieb er am Mittwoch auf Twitter.
Der Präsident reagierte mit seinem Tweet auf die Darstellung von NBC, wonach er eine massive Aufstockung des US-Atomwaffenarsenals gefordert hat. Trump hat den Medien wiederholt unter dem Schlagwort "fake news" die Verbreitung von Falschnachrichten vorgeworfen.
Eine Stellungnahme der NBC-Mutter Comcast lag zunächst nicht vor. Auch ein Kommentar der Rundfunkaufsichtsbehörde FCC war nicht zu erhalten. An der New Yorker Börse lastete der Trump-Tweet auf den Aktien der Medienkonzerne. Comcast-Titel fielen im Verlauf etwa um 0,9 Prozent, die Papiere von Twenty-First Century Fox um 2,4 Prozent.
US-Verfassung und Prozedere dagegen
Für die US-Regierung wäre es äußerst schwierig, einem Sender die Lizenz zu entziehen. Diese werden in den USA nicht an die Gesellschaften ("networks") als Ganzes vergeben, sondern gestaffelt für acht Jahre an deren einzelne Sender ("stations"). So verfügt Comcast über elf einzelne Sender von New York bis San Francisco. Kabelsender wie CNN oder MSNBC benötigen solche Lizenzen nicht. Die FCC ist zudem nicht für Nachrichten im Internet zuständig. Die Behörde weist selbst darauf hin, dass der starke Schutz der Meinungsfreiheit in den USA nach dem Ersten Verfassungszusatz eine Zensur verbietet: "Unsere Rolle bei der Programmaufsicht ist sehr begrenzt."
Anfang der 1970er Jahre hatte der damalige Präsident Richard Nixon mit seinen Beratern diskutiert, ob über die Lizenz-Vergabe der FCC die "Washington Post" für ihre Berichterstattung über den "Watergate"-Skandal bestraft werden könnte. Nixon trat wegen dieser Abhör-Affäre zurück.
Kurz vor der angekündigten Vorstellung von US-Präsident Donald Trumps künftiger Iran-Strategie mehren sich die Stimmen für eine Beibehaltung des Atomabkommens mit der Islamischen Republik. Am Mittwoch sprach sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, Ed Royce, gegen eine Auflösung der Vereinbarung aus.
Das Abkommen habe zwar durchaus Mängel, sagte der Abgeordnete, der wie Trump Republikaner ist. Aber statt es zu kippen, sollte es konsequent durchgesetzt werden.
Trump will im Laufe dieser Woche eine umfassende neue Iran-Strategie vorstellen. Nach Angaben seiner Sprecherin wird er dabei auch bekanntgeben, ob er das Atomabkommen mit der Islamischen Republik erneut absegne.
Trump muss regelmäßig dem US-Kongress mitteilen, ob sich nach seiner Auffassung der Iran an das 2015 mit den fünf UN-Sicherheitsratsmitgliedern und Deutschland getroffene Abkommen hält. Die nächste Erklärung ist bis zum 15. Oktober fällig. Verweigert er die Zertifizierung, müssen die Spitzen im Kongress binnen 60 Tagen entscheiden, welche Konsequenzen sie daraus ziehen. Eine Maßnahme könnte die Wiedereinführung von Sanktionen gegen den Iran sein, die im Zuge des Abkommens ausgesetzt wurden. Ob der Kongress einen solchen Schritt geht, ist aber unklar. Trump hat das unter seinem Vorgänger Barack Obama geschlossene Abkommen wiederholt als "einen der schlechtesten Deals" aller Zeiten kritisiert.
Auf eine Beibehaltung dringen unter anderem die Europäer. Nach Angaben von Regierungsvertretern treffen sie Vorbereitungen für den Fall, dass der US-Kongress Strafmaßnahmen beschließen sollte.