Politik/Ausland

Terrorsorge um den Bahnverkehr

Sicherheitskreise befürchteten Schnellzüge, darunter deutsche ICE, als neues Anschlagsziel des Terrornetzwerks El Kaida. Das berichtete die Bild-Zeitung am Montag. Urheber der Warnung seien vom US-Abhördienst NSA mitgeschnittene Telefonate der El-Kaida-Führung. Deshalb seien die Sicherheitsvorkehrungen im Bahnbetrieb „unsichtbar“ erhöht worden, so Bild. Ob es dabei „nur“ um Anschläge auf Bahntrassen oder auf volle Züge geht, sei unbekannt.

Der Sprecher von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dementierte das gegenüber dieser Zeitung: „Die Sicherheitslage hat sich nicht verändert.“ Sie sei aber weiter auf dem „kritischen Niveau“, vor dem Friedrich schon im KURIER-Interview im Juli, dem ersten zur NSA-Affäre, gewarnt hatte.

Die Schutzmaßnahmen im Bahnbereich seien nicht erhöht, sagten Sicherheitskreise. Sie erinnerten aber daran, dass die Anschläge auf die Madrider und Londoner U-Bahn mit Dutzenden Toten von lokalen El-Kaida-Zellen nach Kontakt mit deren Führung verübt wurden.

Wahlkampf

Die Opposition sieht in der Meldung den Versuch regierungsnaher Kreise, die umstrittenen Abhöraktivitäten der NSA zu rechtfertigen.

Die SPD hatte die Enthüllungen von dessen Ex-Mitarbeiter Edward Snowden zu ihrem wichtigsten Wahlkampfthema gemacht und Kanzlerin Merkel als angebliche Mitwisserin flächendeckender Überwachung heftig attackiert. Bisher hatte das allerdings keinen Effekt in den Umfragen.

Merkel hatte die Vorwürfe ebenso entschieden zurückgewiesen wie ihr Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla. Der hat vor dem Geheimdienstgremium des Bundestages unter Berufung auf die US-Regierung illegale Abhöraktivitäten der NSA in Deutschland mehrfach ausgeschlossen, zuletzt wieder an diesem Montag. Alle einschlägigen Forderungen von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück habe die Regierung schon zuvor erfüllt.

Keine Sorge

Für Österreich bestehe im Zusammenhang mit Geheimdienstmeldungen über angeblich geplante El-Kaida-Anschläge auf Schnellzüge „weder Anlass zur Sorge, noch zu erhöhten Maßnahmen“, wie Innenministeriumssprecher Heinz Grundböck dem KURIER sagte. Die Lage werde laufend beurteilt, man sei mit dem deutschen Verfassungsschutz in Kontakt. Die tschechischen Behörden haben die Sicherheitsvorkehrungen im Bahnverkehr erhöht und „präventive Maßnahmen“ ergriffen, sagte ein Bahnsprecher.

Es sieht ganz nach Rachetaktik wegen der NSA-Enthüllungen aus: Der Lebenspartner des Enthüllungsjournalisten und Guardian-Kolumnisten Glenn Greenwald wurde am Sonntag während seiner Heimreise nach Rio de Janeiro am Flughafen London-Heathrow von der britischen Polizei festgehalten. Dem 28-jährigen David Miranda wurden Handy, Laptop und Speichermedien abgenommen, bevor er neun Stunden verhört wurde.

Miranda wurde auf Grundlage des in Großbritannien geltenden Anti-Terrorgesetzes festgehalten, das den Grenzbehörden die Befugnis gibt, Personen mit Verdacht auf Bezug zu Terror-Akten zu befragen. Dabei haben die Betroffenen kein automatisches Recht auf einen Anwalt. Die Verweigerung von Aussagen ist strafbar. Die Polizei selbst äußerte sich nicht über das Verhör.

Greenwald – der die Abhör-Vorwürfe von Edward Snowden gegen Geheimdienste in den USA und Großbritannien veröffentlicht hatte und daher als „Sprachrohr“ Snowdens gilt – verurteilte das Festhalten seines Partners als misslungenen Einschüchterungsversuch: „Das ist ein schwerer Angriff auf die Pressefreiheit und eine ernsthafte Bedrohung für Journalisten überall.“