Politik/Ausland

Terror in Oslo: Bombenalarm am Hauptbahnhof

Für einige Schrecksekunden bei den Behörden sorgte Mittwochvormittag ein herrenloser Koffer am Hauptbahnhof in der norwegischen Hauptstadt Oslo. Der teilweise geräumte Bahnhof ist nach der Durchsuchung des verdächtigen Koffers aber wieder freigegeben. Im Berufsverkehr am Bahnhof hatte ein Buspassagier einen herrenlosen Koffer entdeckt, worauf der Fahrer die Polizei alarmierte. Der Inhalt erwies sich als harmlos.

Die norwegischen Behörden sind wegen der Terroranschläge in erhöhter Alarmbereitschaft. Am Freitagnachmittag war im Osloer Regierungsviertel eine Bombe explodiert. Acht Menschen starben. Danach tötete der rechtsradikale Attentäter Anders Behring Breivik auf der Insel Utøya mindestens 68 Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers.

Breiviks Forderungen

Der rechtsradikale norwegische Attentäter Anders Behring Breivik wird in der Haftanstalt Ila bei Sandvika westlich von Oslo festgehalten. Dabei soll er in einer sieben Quadratmeter kleinen Zelle rund um die Uhr überwacht werden, um einen Selbstmord auszuschließen. Die nächsten acht Wochen verbringt Breivik in Untersuchungshaft, die ersten vier Wochen davon in Isolationshaft. Er darf also keinen Besuch empfangen und mit niemandem sprechen außer mit seinem Anwalt Geir Lippestad. Außerdem sollen zwei Rechtspsychiater mit einer mehrmonatigen Untersuchung des Inhaftierten auf seinen Geisteszustand beginnen. Breiviks Verteidiger hatte am Dienstag erklärt, dass er seinen Mandanten für geisteskrank halte.

Nach den Angaben des Gefängnisdirektors Knut Bjarkeid in der Zeitung Verdens Gang gibt es in Breiviks Zelle nur Bett, Toilette, Sessel und einen Tisch.

Breivik berichtete zuletzt von zwei weiteren Zellen in Norwegen und mehreren im westlichen Ausland. Für weitere Aussagen bzw. Hinweise auf angebliche Mittäter stellte er aber Bedingungen an die Polizei. "Es waren verschiedene Forderungen. Einige dieser Forderungen konnten wir ganz unmöglich erfüllen", sagte der Sprecher der Osloer Kriminalpolizei, Pål Hjort Kraby, der Zeitung Verdens Gang. Nach unbestätigten Medienangaben soll der geständige Attentäter unter anderem Zugang zu einem eigenen Computer mit dem von ihm verfassten, 1500 Seiten umfassenden "Manifest" sowie dem Online-Lexikon Wikipedia verlangt haben. Weiter hieß es, dass Breivik sich nur von ausländischen Psychiatern auf seine Zurechnungsfähigkeit untersuchen lassen wolle.

Der norwegische Geheimdienst hat bisher keine Hinweise auf Verbindungen des geständigen Attentäters zu "Zellen" von Gleichgesinnten in Europa.

Breivik-Fan gesucht

Die norwegische Polizei fahndet außerdem nach einem möglicherweise gewaltbereiten Verehrer Breiviks. Der Mann identifiziere sich mit Behring Breivik und gelte als psychisch instabil und gefährlich, berichtete der Fernsehsender NRK am Mittwoch. Die Polizei veröffentlichte ein Foto des 42-Jährigen, der nach einem Angriff auf eine Polizeistation erst am Montag aus dem Gefängnis freigelassen worden war. Polizeisprecher Per Thomas Omholdt sagte der Nachrichtenagentur AFP, es gebe keine direkte Verbindung zwischen dem gesuchten Verdächtigen und den Anschlägen Breiviks vom Freitag. Der Mann solle aber festgenommen und von einem Arzt untersucht werden.

Polizei zündete Breivik-Sprengstoff

Die norwegische Polizei hat indes am Dienstag auf dem Bauernhof des Attentäters den gefundenen Sprengstoff kontrolliert zur Explosion gebracht. Wie norwegische Medien am Abend berichteten, konnte eine Behördensprecherin nicht sagen, um was für einen Sprengstoff es sich gehandelt habe. Die Farm rund 160 Kilometer nördlich von Oslo sei von Breivik angemietet gewesen.

Chef von "Wahren Finnen" distanziert sich

Am Dienstag hat sich außerdem der Chef der "Wahren Finnen", Timo Soini, - im Vergleich zu seinen nordeuropäischen Rechtspopulisten-Kollegen mit Verspätung - zu dem Doppel-Terroranschlag via Blog geäußert. Soini schrieb, die Tat Breiviks sei ein "furchtbares Verbrechen gegen den Menschen, die Menschlichkeit und das Leben". Letzteres sei "heilig von der Gebärmutter bis zum letzten Atemzug", nützte Soini die Gelegenheit, seinen Standpunkt in der Abtreibungsfrage in dem Statement unterzubringen. Der als rechtsradikal eingestufte mutmaßliche Täter Breivik sei nichts anderes als ein Mörder.

Am Wochenende hatten finnische Medien berichtet, dass ein oder mehrere Funktionäre der "Wahren Finnen" zum Voraus-Verteilerkreis von Breiviks sogenanntem "Manifest" gehörten.