Politik/Ausland

Gesucht: Milliardenhilfe für Syrien

Mit 19,70 Euro für Lebensmittel muss ein syrischer Flüchtling im Libanon einen Monat auskommen. Für einige Zehntausend unter den 1,1 Millionen vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR registrierten Flüchtlingen im Zedernstaat gibt es noch Waren-Gutscheine: für eine Decke oder ein paar Schuhe oder einen Topf, um Essen zu kochen. Doch damit hat es sich auch schon, mehr Mittel zur Versorgung der Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen des syrischen Bürgerkrieges kann die UNO derzeit nicht aufbringen.

Drei Mal bereits hat die Weltgemeinschaft zu großen Geberkonferenzen aufgerufen, um nötige Hilfsmilliarden für die Versorgung der syrischen Kriegsflüchtlinge aufzubringen. Drei Mal wurden Milliarden versprochen, die aber nie zur Gänze bei den Bedürftigen eintrafen, weil zwei Drittel der Geberländer ihre Zusagen nicht erfüllten.

Die Ärmsten der Armen, die Flüchtlinge im Libanon und Jordanien, bekamen dies sofort bitter zu spüren. Im Herbst musste die monatliche UN-Lebensmittelhilfe für Flüchtlinge im Libanon auf magere 12,30 Euro pro Kopf heruntergekürzt werden – bis Kuwait schließlich mit einer Zuwendung die leeren Budgets des UNHCR wieder ein wenig füllte.

So weit soll es nun nicht mehr kommen, haben die Organisatoren (UN, Großbritannien, Deutschland, Norwegen und Kuwait) der heute in London stattfindenden Syrien-Geberkonferenz beschlossen. An die 70 Staats- und Regierungschefs, darunter auch Kanzler Werner Faymann, sollten heute insgesamt fast neun Milliarden Euro zusammentragen – so hoch stuft zumindest die UNO den Bedarf ein, um die Notleidenden in Syrien und die Flüchtlinge in den Nachbarländern zu versorgen. Zu den größten Geldgebern zählen die USA, Deutschland und Kuwait – Letzteres zahlte mit ca. 313 Millionen Dollar rund 15 mal so viel in den UNO-Topf für Syrien ein wie das ungleich reichere Saudi-Arabien. Die britische Regierung sagte schon vor der Konferenz fast 1,6 Milliarden Euro an Hilfen bis 2020 zu.

Der Fokus der Geldgeber liegt dieses Mal nicht nur bei der reinen Notversorgung der Flüchtlinge, sondern auch auf Arbeits- und Bildungsprogrammen. Allein Syrien können zwei Millionen Kinder keine Schulen mehr besuchen.

Kein Zugang zu Schulen

Außerhalb des Landes sind es ebenfalls fast 700.000 syrische Kinder, die teilweise schon seit Jahren keinen Zugang mehr zu Schulen haben. "Es wäre schon eine entscheidende Hilfe, wenn alle Politiker ihre Zusagen einhalten würden", meint Christoph Schweifer, Chef der Auslandshilfe der Caritas Österreich, zum KURIER. "Und es wäre ein entscheidenden Hebel, wenn man bei Erziehungsprogrammen ansetzt. Denn Leute gehen nicht nur aus schierer Not aus den Lagern weg. Eltern sind nicht nur um der Gegenwart sondern auch um der Zukunft ihrer Kinder willen verzweifelt."

Während in London nach Milliarden gesucht wird, ringt man in Genf um eine politische Friedenslösung für Syrien. Dort laufen die Gespräche unter den Gegnern bisher zäh. Aus Moskau hieß es: Die Gespräche könnten bis zu sechs Monate dauern.

Syrien-Gespräche liegen auf Eis. Mehr dazu hier.

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„Jede Maßnahme, die vor Ort die Situation verbessert und hilft, dass die Menschen erst gar nicht aufbrechen müssen in Richtung Europa, ist wichtig. Wir müssen die Fluchtursachen eindämmen und den Menschen in Syrien und den Ländern der Region eine Zukunftsperspektive geben. Nur so können wir nachhaltig eine Reduktion von Flüchtlingen erreichen“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann vor der Geberkonferenz.

Österreich trägt über bilaterale Mittel zur Unterstützung der Flüchtlinge vor Ort 2016 und fortführend knapp 60 Millionen Euro bei.
Um die Situation der Flüchtlinge in der Türkei zu verbessern, beteiligt sich Österreich im Rahmen der EU-Beschlüsse mit 45,6 Millionen Euro, die in erster Linie in gemeinsame UNHCR Projekte in der Türkei fließen werden. Planmäßig sollen 28 Millionen Euro im Jahr 2016 fließen, der Rest in den Jahren 2017 bis 2019. Im Vorjahr waren es ca. 10 Millionen Euro.

Der Kanzler will die Konferenz auch nutzen, um bilaterale Gespräche zur Flüchtlingssituation zu führen. Unter anderem sind Termine mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, dem derzeitigen Ratspräsidenten und niederländischen Premier Mark Rutte und EU Ratspräsidenten Donald Tusk vorgesehen.