Politik/Ausland

Spionage: Zuckerberg weist Vorwürfe zurück

Die Chefs von Google und Facebook haben mit Nachdruck den Vorwurf zurückgewiesen, dem US-Geheimdienst uneingeschränkten Zugang zu Nutzerdaten zu gewähren. "Wir sind keinem Programm beigetreten, das der US-Regierung oder jeder anderer Regierung direkten Zugang zu unseren Servern gewährend würde", schrieb Google-Mitgründer Larry Page in einem Blogeintrag in der Nacht auf Samstag. Die US-Regierung hat "keinen Zugriff auf Google-Server - weder direkt, noch indirekt". Das stellte auch der Chefjurist von Google, David Drummond klar. "Wir stellen User-Daten nur in Übereinstimmung mit dem Gesetz zur Verfügung", sagte Drummond. Man lege in Bezug auf Regierungsanfragen wert auf höchstmögliche Transparenz. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg äußerte sich ähnlich und versicherte, dass sich sein Online-Netzwerk gegen jede Anfrage nach freiem Datenzugang "aggressiv" gewehrt hätte.

Die Zeitungen Washington Post und The Guardian hatten von einem System mit dem Namen "PRISM" berichtet, über das sich der Geheimdienst NSA einen direkten Zugang zu Daten von Nutzern bei großen Internetkonzernen verschaffen könne. "Sie können buchstäblich sehen, wie Ihre Ideen entstehen, wenn Sie tippen", sagte der Informant der "Washington Post". Er sei mit Dokumenten wie einer NSA-Präsentation an die Medien gegangen, nachdem er das System in Aktion erlebt habe.

Lücke

Damit klafft weiterhin eine Lücke zwischen den Dementis der Internetfirmen und den Angaben in den Zeitungsberichten. Die Internetkonzerne - genannt wurden neben Google und Facebook unter anderem auch Apple, Microsoft und Yahoo - bestätigten zugleich, dass sie den Behörden Informationen auf Gerichtsbeschluss zur Verfügung stellen.

Die New York Times berichtete an Samstag von Systemen für diese Datenübergabe. So sei zumindest mit Google und Facebook über "separate, sichere Portale" dafür verhandelt worden, zum Teil auf Servern der Unternehmen. Der Bericht ließ offen, ob diese Ideen umgesetzt wurden. Es hieß, mehrere Unternehmen hätten den Behörden den Zugriff auf rechtmäßig angeforderte Daten erleichtert und dafür zum Teil ihre Computersysteme angepasst.

Obama verteidigt Überwachung

Das Sammeln von Telefondaten und die Auswertung von Internetkommunikation würden unter "sehr strenger Aufsicht" des Parlaments und von Bundesgerichten erfolgen, sagte Obama am Freitag im kalifornischen San José. Angesichts der Bedrohung durch Terroristen müsse die Gesellschaft eine Abwägungsentscheidung treffen.

"Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben", sagte Obama. Er versicherte aber, dass die Sammlung von Telefondaten durch die Sicherheitsbehörde NSA keine Namen oder Inhalte enthalte. "Niemand hört Ihre Anrufe ab", sagte er.

"Nicht für US-Bürger"

Zu Berichten über die Überwachung des Internets sagte Obama, dass dies "nicht für US-Bürger" gelte und nicht für "Menschen, die in den USA leben".

Der Präsident betonte, dass die Programme vom Kongress gebilligt und seit 2006 mit überparteilicher Zustimmung wiederholt erneuert worden seien. Dabei hätten "eine Reihe von Schutzmaßnahmen" für die Bürgerrechte gegolten. Die Gerichte und die zuständigen Ausschüsse im Kongress seien über die Aktivitäten der Geheimdienste ständig auf dem Laufenden gehalten worden, sagte Obama.

Breite Unterstützung im US-Kongress

Republikaner wie Demokraten zeigten sich am Freitag im Kongress weitgehend auf Regierungslinie. Zwar müsse geprüft werden, ob die Balance zwischen Sicherheit und Datenschutz gewahrt worden sei, sagte die demokratische Senatorin Barbara Boxer aus Kalifornien. "Aber es steht außer Frage, dass diese Programme Leben gerettet haben." Ihr republikanischer Kollege Marco Rubio äußerte sich ähnlich. Zwar wolle das amerikanische Volk die Sicherheit haben, dass es nicht von der Regierung überwacht werde. "Derartige Programme sind von großem Nutzen", erklärte er jedoch. Auch andere einflussreiche Abgeordnete wie der republikanische Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain und der demokratische Mehrheitsführer des Senats Harry Reid verteidigten die Überwachungsmaßnahmen.

Kritik von der Tea-Party-Bewegung

Kritik kam überwiegend von Vertretern an den extremen Enden des politischen Spektrums in den USA: Von der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung und von linksgerichteten Abgeordneten aufseiten der Demokraten. Darunter war auch der Senator Bernie Sanders aus Vermont, der sich selbst als "demokratischer Sozialist" bezeichnet. Der Politik- und Geschichtswissenschaftler Julian Zelizer von der Princeton University sprach von einer "seltsamen Koalition", die bereits seit den Tagen von Präsident George W. Bush die Entwicklung in der Innen- und Sicherheitspolitik kritisiere.

Weiterführende Lektüre: Einer der Enthüller des Prism-Skandal ist Glenn Greenwald, ein Anwalt, Blogger und Journalist beim Guardian. Die New York Times hat ihn interviewt.

Seit den Terroranschlägen vom September 2011 versucht die US-Regierung den Zugriff auf internationale Datenbestände auszuweiten. Dazu wurden auch mit der EU Vereinbarungen getroffen. So regelt etwa das 2010 abgeschlossene SWIFT-Abkommen den Zugriff von US-Behörden auf Daten des belgischen Finanzdienstleisters SWIFT, der täglich 15 Millionen Überweisungen zwischen rund 9000 Banken weltweit abwickelt. Im Rahmen des Abkommens können US-Behörden Bankdaten europäischer Bürgern abfragen, die Geld in Länder außerhalb der EU überweisen. Datenschützer beklagen die lange Speicherdauer von fünf Jahren und die mangelhafte Kontrolle der US-Abfragen.

Fluggastdaten

Auch das 2012 vom EU-Parlament abgesegnete Abkommen zur Weitergabe von EU-Fluggastdaten an die USA stieß auf heftige Kritik. Das Abkommen verpflichtet Fluggesellschaften dazu, rund 70 Einzeldaten von EU-Passagieren, die in die USA reisen, an US-Behörden zu übermitteln. Name, Adresse und Kontaktinformationen zählen ebenso dazu wie Kreditkartennummer und die Art der konsumierten Mahlzeiten. Die Daten bleiben 15 Jahre lang gespeichert. Die Verwendung durch die USA ist kaum geregelt. Befürchtet wird, dass die Daten zur Rasterfahndung und zum Profiling herangezogen werden.

Polizeidatenabgleich

Im Alleingang vereinbarte Österreich mit den USA ein Abkommen zum Austausch von Polizeidaten. Die Anfang 2012 vom Nationalrat gebilligte Vereinbarung erlaubt US-Behörden den Zugriff auf heimische Polizeidatenbanken. Sie können etwa Fingerabdruckdateien, DNA-Profile oder personenbezogene Daten von Terrorverdächtigen abfragen. Ein Recht auf Auskunft über die Verwendung der Daten besteht nur sehr eingeschränkt. Die Chancen zu Unrecht Verdächtigter auf Richtigstellung oder Rehabilitierung seien gering, kritisieren Datenschützer.