So funktionierte ein EU-Vertragsverletzungsverfahren
"Hüterin der Verträge" - so wird die EU-Kommissoin in vielen Schulbüchern genannt, wenn es um die Organe der Europopäischen Union geht. Das bedeutet letztlich auch, dass die Kommission mögliche Verstöße gegen das EU-Recht feststellen kann. Dazu eröffnet sie ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen das jeweilige Mitgliedsland. Danach kann die Kommission in einem weiteren Schritt den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen, der dann die Zahlung von Strafgeldern anordnet.
Doch einmal von vorne: Möglichen Verstößen gegen das EU-Recht kann die Kommission auf Basis eigener Untersuchungen, Beschwerden von Bürgern, Unternehmen oder Interessenträgern nachgehen.
Rumänien wandte sich an Kommissarin
Im Falle der Indexierung der Familienbeihilfe hatte sich das derzeitige EU-Vorsitzland Rumänien bereits im Oktober an EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen gewandt. Im November sendeten sieben weitere, von der Kürzung betroffene Länder - Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Polen sowie Bulgarien, Litauen und Slowenien - einen diesbezüglichen Brief an Thyssen, in dem sie um die Unterstützung der EU-Kommission baten.
Wenn das Mitgliedsland den mutmaßlichen Verstoß gegen das EU-Recht nicht behebt, kann die Kommission ein Verfahren einleiten. Dessen Ablauf ist vertraglich geregelt und läuft in mehreren Schritten ab.
Briefverkehr
Zunächst erhält das Land ein Aufforderungsschreiben. Danach musss es innerhalb einer festgelegten Frist (im Normalfall zwei Monate) ein ausführliches Antwortschreiben übermitteln.
Sieht die Kommission danach immer noch eine Verletzung des EU-Rechts gegeben, fordert sie das Mitgliedsland förmlich auf, eine Übereinstimmung mit dem EU-Recht herzustellen und über die dazu getroffenen Maßnahmen zu berichten.
Passiert das nicht, kann die Kommission den EuGH hinzuziehen. Stellt dieser ebenfalls einen Verstoß gegen EU-Recht fest, muss das Land Maßnahmen treffen, um dem Urteil des Gerichtshofs Folge zu leisten.