Politik/Ausland

Premier Fico will sein Land vor Flüchtlingen abschotten

Sala in der Südslowakei. Der Wohlstand der 2400-Seelen-Gemeinde hängt primär an einem einzigen Betrieb, Duslo: einer Fabrik für Düngemittel. Der Eigentümer, Jan Babis, ist der zweitreichste Tscheche und derzeit auch Prager Finanzminister. Dem Dollar-Milliardär gehören auch noch mehrere Lebensmittelfabriken in der Gegend.

An diesem Abend hat sich die Regierungspartei Smer (Richtung) in der Duslo-Halle eingemietet. Für "Ein Treffen mit Bürgern". Eine Wahlveranstaltung. Für morgen, Samstag, sind in unserem Nachbarland Parlamentswahlen angesagt. Laut Umfragen droht den allein regierenden Sozialdemokraten von Smer unter Premier Robert Fico der Verlust der absoluten Mehrheit.

Der Einladung sind mehr als tausend potenzielle Wähler gefolgt. Altersdurchschnitt 50 plus. "Wir schützen die Slowakei", strahlt der Wahlslogan von einer riesigen Leinwand.

Kampfrede gegen EU

Fico, in Pose eines Machers, zählt seine Leistungen auf: Wirtschaftswachstum von 5,4 Prozent, 150 Euro Skikurs-Zuschuss für Schüler, Senkung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, Gratisbahn für Senioren... "Wenn wir am Regieren bleiben, werden wir den Mindestlohn auf 500 Euro anheben (derzeit 402 €) und bis 2020 heben wir den Lebensstandard auf 85 Prozent des EU-Durchschnitts." Erst beim zweiten Thema läuft Fico zur Hochform auf: "Auch heuer werden mehr als eine Million Flüchtlinge nach Europa kommen. Die Integration von Menschen mit anderem Glauben und Kultur kann nicht funktionieren. Niemals werden wir uns einem Diktat beugen und die EU-Quoten akzeptieren", poltert er. "Die Regierung hat Informationen vom deutschen Geheimdienst, dass unter den Migranten auch Terroristen und IS-Kämpfer eingeschleust wurden. Die Warnung der Visegrader-Staaten (Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei) hat sich bewahrheitet, die EU-Flüchtlingspolitik ist gescheitert."

Mit der Ablehnung der Flüchtlinge trifft der Linkspolitiker den Nerv. "Mich interessiert nur die Slowakei, die EU kann mir gestohlen bleiben, wir mussten früher auf Moskau hören, jetzt auf Brüssel? Das geht nicht, es reicht, dass ein Viertel der Slowakei dem Oligarchen Babis gehört", regt sich ein Pensionist im Publikum auf.

Fico eilt vom Podium. Es folgt ein Auftritt von populären Musikgruppen. Der Eindruck, viele seien nur wegen der Unterhaltung gekommen, macht sich breit.

Zuwanderung verhindern, damit sind auch alle anderen politischen Parteien (23 kandidieren) einverstanden. Auf den Wahlplakaten versprechen fast alle , vorrangig für die Sicherheit der Slowakei zu kämpfen. Die Slowakei sollte 802 Flüchtlinge aufnehmen – und verklagte die EU. Im Vorjahr wurden in dem 5,4-Millionen-Einwohnerland 169 Asylanträge registriert, 15 positiv entschieden.

Auch wenn Ficos Stern im Sinken ist, an seinem Wahlsieg zweifelt niemand. Die große Frage ist, mit wem er eine Koalition bilden wird.

Untergriffe dominieren

Die konservative Opposition ist gespalten. Bis zu sieben Parteien könnten den Einzug ins Parlament schaffen. Im Wahlkampf fehlen Sachthemen, gegenseitige Anschuldigungen dominieren. Herausforderer Igor Matovic behauptet, Fico und seine Frau hätten 674.000 Dollar in Belize geparkt. Ficos Gegenangriff: "Matovic hat Steuern hinterzogen und Geld gewaschen, mir liegen Unterlagen vor." Von wem er die Dokumente hat, will er nicht verraten.

Zur Missstimmung im Land haben auch Streiks von Lehrern und Krankenschwestern für bessere Löhne beigetragen: Das Anfangsgehalt für Lehrer liegt bei 600 Euro. 600 Krankenschwestern haben zuletzt gekündigt. Die Population wird immer älter, die Geburtenrate sinkt.

Die Wirtschaftsvertreter klagen über Fachkräfte-Mangel. Schon jetzt fehlen Spezialisten. Viele gut ausgebildete Junge wandern aus: Wie viele slowakische Gastarbeiter jenseits der Grenzen schuften, wird nur geschätzt: rtwa eine Viertelmillion.