Der Hoffnungsschimmer heißt Österreich
Die österreichische Post AG wird in Serbien ein riesiges Post-Verteilerzentrum bauen. Als Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl diese Ankündigung bei einer hochrangigen Wirtschaftskonferenz mit seinem serbischen Amtskollegen Zelko Sertic im chicen Business Tower „Usce“ macht, geht eine Welle der Erleichterung durch den Saal. „Endlich ein Hoffnungsschimmer“, sagt ein Geschäftsmann.
Das wirtschaftlich am Boden liegende Land braucht dringend einen Aufschwung und neue Arbeitsplätze. Und heimische Betriebe spielen dabei eine wichtige Rolle. Mit derzeit 2,9 Milliarden Euro ist Österreich der größte ausländische Investor in Serbien. Großprojekte, wie Autobahnen, die Brücke über den Save-Fluss in der Hauptstadt, Vier-Sterne Hotels werden von Österreichern gebaut. Anfang 2011 übernahm die Energie Steiermark 67 Prozent der Belgrader Gasversorgung. Die Spedition Gebrüder Weiss hat die serbische Eurocargo gekauft, hinter IT-Dienstleistungen stehen ebenfalls rot-weiß-rote Unternehmen.
Nachdem kürzlich die Beitrittsverhandlungen mit Serbien eröffnet wurden, sind Wirtschaftsbeziehungen mit Serbien attraktiv. „Die EU-Perspektive ist ein Motivationsschub. Wer jetzt dabei ist, hat einen Startvorteil“, sagt Leitl zum Kurier.
Im 25. Stock des Business Tower mit prächtigem Blick über ganz Belgrad traf Leitl Montagabend alle, die in Serbien etwas zu sagen haben, wohl auch nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 16. März. Die Diskussion drehte sich nur um eines: Wie schafft Serbien den Sprung in die EU? Was kann das Land von Österreich lernen? Und was bringt eine gut funktionierende Kammer? Man hält es kaum für möglich: Die Debatte, ob es Pflichtmitgliedschaft in der serbischen Wirtschaftskammer geben soll, bewegt das Land.
Leitl traf gestern auch den starken Mann der alten und wohl neuen Regierung, Aleksandar Vucic. Glaubt man allen Umfragen, wird der Vize-Premier bald Regierungschef werden. Vucic, einst Nationalist und EU-Gegner, hat sich inhaltlich völlig gewandelt.
Aufputschmittel
Heute wird er nicht müde, tief greifende Reformen und mehr Tempo bei den Beitrittsverhandlungen zu verlangen. Der Chef der neuen Fortschrittspartei (SNS), die sich gerade um eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Volkspartei bemüht, ist dermaßen motiviert, dass er sich regelmäßig für sein tägliches Riesen-Arbeitspensum fitspritzen lässt.
Das Aufputschmittel kann er brauchen, um die wirtschaftlich dürre Phase dieses Jahres zu überstehen. 2013 gab es ein leichtes Plus, das ausschließlich auf die Eröffnung der Fiat-Fabrik in Kragujevac und eine gute Ernte zurückzuführen war, doch 2014 deutet vieles auf einen Rückgang des bescheidenen Wirtschaftswachstums hin. „Ein Ausweg aus der Dauermisere ist die EU-Perspektive“, sagt Leitl. „Wenn das Land die Beitrittsverhandlungen ernst nimmt, können wir 2020 die Welcome-Party feiern.“