Politik/Ausland

Athen bewegt sich, Berlin ziert sich

Gerade rechtzeitig noch scheint Griechenland im Schuldenstreit auf die Geldgeber zuzugehen: Am Donnerstag schickte Finanzminister Yanis Varoufakis einen Antrag auf Verlängerung des laufenden Hilfsprogrammes an Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. In dem Schreiben bittet die griechische Regierung darum, die Hilfsgelder aus dem Programm, das Ende Februar ausläuft, um sechs Monate zu verlängern – insgesamt sind hier noch 7,2 Milliarden Euro zu haben.

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Gleichzeitig – ein wichtiger Schritt – bekennt sich Athen zu den Reform- und Sparauflagen des Programms (siehe unten). Athen hat sich also bewegt – ob weit genug, das wird sich heute, Freitag, zeigen. In einer Sondersitzung sollen die Euro-Finanzministern mit den Griechen weiterverhandeln. Aus dem Finanzministerium in Berlin hieß es am Donnerstag, Griechenland habe "keine substanzielle Lösung" vorgelegt – dem Vernehmen nach stößt man sich in Deutschland daran, dass die Griechen einzelne Reformziele wie etwa den Budgetüberschuss neu verhandeln wollen. In Brüssel wurde der Brief aus Athen aber positiv aufgenommen; ein Kompromiss scheint machbar.

Drei Szenarien, wie es nach der Verhandlungsrunde heute weitergehen kann:

Es gibt heute bzw. vor Ende Februar eine Einigung.

Das risikoärmste Szenario ist (noch) das wahrscheinlichste: Griechenland und die anderen 18 Euro-Staaten einigen sich auf eine Verlängerung des laufenden HilfsprogrammsAthen erhält das ausständige Geld, der Reformplan wird gemeinsam leicht abgeändert. Das bringt beiden Seiten Zeit, um bis September ein neues langfristiges Hilfspaket auszuverhandeln.

Es gibt eine Einigung erst im März oder April.

Ein riskantes Szenario. Weil es keine Einigung auf eine Verlängerung gibt, endet das laufende Hilfsprogramm. Wie lange Griechenland dann noch flüssig ist, weiß niemand so genau: Es sind regelmäßig Schulden zurückzuzahlen, gleichzeitig bleiben die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurück. Die Griechen würden ihre noch bei den Banken verbliebenen Euros in Sicherheit bringen, die Banken können aber nicht mehr auf die Notfallhilfe der EZB bauen, weil diese endet, sobald es kein geltendes Hilfsprogramm mehr gibt. Ein neues Hilfspaket müsste also unter enormem Druck verhandelt werden. Und zwar, bevor die Banken pleitegehen. Sonst führt dieses Szenario direkt in den Worst Case:

Griechenland geht pleite und gibt den Euro auf.

Die Banken müssen verstaatlicht werden, der Regierung geht das Geld aus, sie muss den Euro aufgeben und eine neue nationale Währung einführen. Die Folgen für Griechenland und den Euro wären nicht absehbar.

Aus dem Brief von Varoufakis:

Die finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern werden respektiert.

Ebenso der Reformplan im laufenden Hilfsprogramm.

Alle "neuen Maßnahmen" der Regierung werden "komplett gegenfinanziert" und abgesprochen sein – es gibt keine Alleingänge in Athen.

Während der Verlängerung (6 Monate) gilt die Aufsicht durch die EU(-Kommission), Europäische Zentralbank und den IWF.

Im Gegenzug soll die "vorhandene Flexibilität" im Reformplan für Änderungen genutzt werden.

Erleichterungen beim Schuldendienst sollen diskutiert werden.

Der Antrag der Griechen wurde am Donnerstag nicht per Post geschickt – 2015 geht das per elektronischem Schreiben. Und zwar an Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, der das Schreiben umgehend an die anderen Finanzminister weiterleitete. Die Experten der Euro-Staaten berieten umgehend in der "Euro Working Group" in Brüssel.