Politik/Ausland

Wie lange ist Athen noch flüssig?

Die Schuldengespräche zwischen Athen und Brüssel werden von einer Frage dominiert: Wann geht Griechenland das Geld aus?

In der Eurozone kann man das mangels belastbarer Daten kaum beantworten. Und von der griechischen Regierung kommen laufend andere Antworten.

Beim EU-Gipfel vor zwei Wochen soll Premier Alexis Tsipras auf eine rasche Überweisung der nächsten Hilfsgelder gedrängt haben, weil man nur noch bis Ende März flüssig sei. Tage später hieß es, man komme noch bis 8. oder 20. April aus. Aktuell gibt es zwei Varianten: Die offizielle besagt, dass man bis (mindestens) Mai zahlungsfähig ist. "Das Geld für April gibt es", erklärte ein Regierungssprecher am Donnerstag. Doch in der Telefonkonferenz der Euro-Arbeitsgruppe am Mittwoch soll Athen die Euro-Partner wieder vor einer Pleite kommende Woche gewarnt haben.

Dass man offenbar auch in Athen keinen präzisen "Tag X" nennen kann, an dem die Kasse leer ist, liegt auch daran, dass sich die laufenden Steuereinnahmen nicht genau vorhersagen lassen und es sprunghafte Einnahmen z. B. durch den Abschluss von Privatisierungen gibt. Gleichzeitig treibt die Regierung immer wieder neue Reserven auf, etwa Mittel von staatlichen Betrieben.

Die nächste Rate

Nicht zuletzt hängt es auch davon ab, wie man "pleite" definiert. Kommende Woche etwa muss eine Rate von rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds bezahlt werden. Innenminister Nikos Voutzis hatte die fristgerechte Zahlung zuletzt infrage gestellt; ein Regierungssprecher sicherte daraufhin eine pünktliche Begleichung zu.

Löhne oder Schulden?

Wird das Geld demnächst tatsächlich knapp, steht die griechische Regierung vor der Wahl, die Schulden – z.B. beim IWF oder bei der EZB – zu bedienen – oder Löhne und Pensionen nicht auszubezahlen. Beides würde nicht automatisch zu einer "echten" Staatspleite führen; beim IWF etwa wird es erst nach gut einem Monat Säumigkeit wirklich "ernst". Gibt es – trotz oder gerade wegen des Zahlungsverzugs – bis dahin die nächsten Hilfsgelder, könnte das Problem halbwegs unter Kontrolle bleiben.

Generell hängt viel davon ab, ob die Gläubiger daran glauben, dass Griechenland seine Schulden mehr oder weniger rechtzeitig bedienen kann – und wird.

Denn sobald man von einem nachhaltigen Zahlungsausfall Athens ausgeht, werden auch die hellenischen Staatsanleihen, die die griechischen Banken halten, wertlos. Die Europäische Zentralbank müsste dann wohl oder übel die Notfallversorgung – die erst diese Woche wieder um rund 700 Millionen Euro auf knapp 72 Milliarden erhöht wurde – kappen, mit der die griechischen Banken derzeit über Wasser gehalten werden. Damit wäre Griechenland von der Euro-Versorgung abgeschnitten – und de facto aus der Währungszone ausgeschieden.

Kapitalkontrollen

In einem solchen Szenario müsste die Regierung wohl mit Kontrollen des Kapitalverkehrs versuchen das Geld, das noch da ist, im Land zu halten. Den Gläubigern würde ein Totalausfall drohen – und den Griechen ohne Kredite aus dem Ausland eine harte Zeit.

Auf den beliebten Ferieninseln wie Mykonos, Santorin oder Paros wird es keine Erhöhungen der Mehrwertsteuer geben. Dies teilte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis am Donnerstag mit. "Ich werde keine Erhöhung der Mehrwertsteuer der Inseln unterschreiben", sagte er im griechischen Parlament.

Andere Regierungsmitglieder - darunter auch die stellvertretende Finanzministerin Nadja Valavani- hatten in den vergangenen Tagen wiederholt angekündigt, Athen plane den seit Jahrzehnten geltenden ermäßigten Steuersatz auf das Festlandsniveau von 23 Prozent anzuheben. Damit werde Athen den Forderungen der Geldgeber entgegenkommen, hieß es noch vor wenigen Tagen.

In den vergangenen Tagen hatten Unternehmer und Regionalpolitiker von den Insel der Ägäis heftig gegen diese Pläne protestiert. Auf den Inseln (außer Kreta) liegen die Mehrwertsteuersätze 30 Prozent unter denen im Rest des Landes. Das soll die hohen Transportkosten ausgleichen, den Tourismus fördern und den ärmeren Inselbewohnern helfen.