Politik/Ausland

Schottland nimmt Kurs auf Unabhängigkeit

Selbst die sonst so würdevoll gelassene Traditionszeitung The Times wurde am Dienstag sichtlich nervös. "Union auf des Messers Schneide" lautete die Schlagzeile zum aktuellen Bericht über den schottischen Wahlkampf. Denn die jüngsten Umfragen aus dem hohen Norden deuten eine überraschende Trendwende an: Die Befürworter der Unabhängigkeit, die über Monate mit knappen aber konstantem Rückstand hinter den Verfechtern des Verbleibs in der Union lagen, holen in den letzten Tagen rasant auf.

Knappe Mehrheit nur dagegen

47 Prozent der Befragten wollen inzwischen für die Unabhängigkeit stimmen. 53 Prozent und damit eine knappe Mehrheit sind zwar immer noch dagegen, aber die Dynamik des Wahlkamps spricht klar für die "Yes"-Kampagne, auch weil diese offensichtlich viel intensiver wirbt als der Gegner. Den Umschwung brachte Beobachtern zufolge die jüngste TV-Debatte zwischen dem schottischen Premierminister Alex Salmond und dem Spitzenvertreter der "Better Together"-Kampagne, dem ehemaligen Finanzminister Alistair Darling.

Der linke Nationalist Salmond, der sein unabhängiges Schottland als eine Vision von einem sozialeren, gerechteren und moderneren Staat als Großbritannien verkauft, setzte seine bekannten rednerischen Fähigkeiten ein. Darling, dem nicht umsonst der Ruf eines ziemlich langweiligen Labour-Parteisoldaten anhängt, brachte seine Argumente nicht an.

Das Pfund als Streitthema

Wichtigstes Thema des Wahlkampfs ist seit Wochen der Streit darum, ob Schottland auch nach der Loslösung von Großbritannien das britische Pfund weiterhin als Währung verwenden darf. Die Regierung in London lehnt das strikt ab. Der auf der Insel zutiefst verhasste Euro drohe den Schotten, warnen die Gegner der Unabhängigkeit unablässig. Weitere heikle Themen sind Schottlands Beziehungen zur EU, da sich der neu gegründete Staat erst um eine Mitgliedschaft bewerben müsste, und natürlich die in Schottland stationierten Einheiten der britischen Marine, darunter auch Atom-U-Boote.