Politik/Ausland

Schengen-Rauswurf: Griechen über Mikl-Drohung empört

Die ÖVP setzt beharrlich ihren verschärften Kurs in der Asylpolitik fort. Nachdem die Schwarzen diese Woche in der Regierung durchgesetzt haben, dass Österreich nur noch begrenzt Flüchtlinge aufnehmen wird (2015: 37.500), drängt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nun auf Europa-Ebene auf eine effizientere Sicherung der EU- bzw. Schengen-Außengrenzen. Die ÖVP-Ressortchefin droht Griechenland gar mit einem Rauswurf aus der Schengen-Zone.

EU-Innenminister beraten

Das Thema Grenzsicherung steht am Montag auf der Agenda beim Treffen der EU-Innenminister in Amsterdam. Länder wie Deutschland und Österreich können derzeit aufgrund einer Ausnahmeregel Grenzkontrollen durchführen. Im Mai läuft die Befristung dafür aus. Nun wird diskutiert, wie es weitergeht - möglich ist etwa eine Verlängerung bis Ende 2017.

"Es darf keine Denkverbote geben"

Mikl-Leitner erklärte ihren harten Standpunkt Griechenland betreffend in der Welt am Sonntag so: „Wenn ein Schengen-Staat seinen Verpflichtungen dauerhaft nicht nachkommt und nur zögerlich Hilfe annehmen will, dann darf es keine Denkverbote geben. Wenn die Regierung in Athen nicht endlich mehr für die Sicherung der Außengrenzen unternimmt, dann muss man auch über den vorübergehenden Ausschluss Griechenlands aus dem Schengenraum offen diskutieren dürfen.“

Unterstützung aus Bayern

Die Ministerin steht mit dieser Position nicht alleine da. Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hat am Freitag erneut erklärt, man könnte zu einem solchen Schritt gezwungen sein, wenn Athen seine Grenzen nicht effektiv schütze. Mikl-Leitner rät den Griechen, die Marine dafür einzusetzen: „Es ist ein Mythos, dass die griechisch-türkische Grenze nicht kontrolliert werden kann.“

Rechtlich möglich?

Ist es rechtlich möglich, die Griechen aus dem Schengen-Raum auszuschließen?
Auf KURIER-Anfrage hieß es im Innenressort: „Wenn die EU-Kommission feststellt, dass ein Schengen-Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, können gegenüber diesem Land Grenzkontrollen eingeführt werden.“

Griechen erzürnt

In Griechenland reagiert man auf den angedrohten Ausschluss erbost. „Wenn wir die Flüchtlinge stoppen wollten, müssten wir Krieg gegen sie führen. Wir müssten sie bombardieren, ihre Boote versenken und die Menschen ertrinken lassen“, wettert Außenminister Nikos Kotzias. Anders sei eine Sicherung der Seegrenze nicht möglich: „Das widerspricht jedoch der Menschlichkeit, dem EU-Recht und internationalen Konventionen.“ Auch Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisiert: „Scheinlösungen bringen niemanden weiter.“

SPÖ schweigt

Kanzler Werner Faymann und Verteidigungsminister in spe Hans Peter Doskozil wollten Mikl-Leitners Drohgebärde vorerst nicht kommentieren. Die SPÖ kämpft nach wie vor partei-intern mit ihrer Kursänderung. Das zeigte sich am Samstag auch beim Parteitag der steirischen Roten in Spielberg.

"Kreisky würde sich im Grab umdrehen", steht auf kleinen Schildern, die Vertreter der Sozialistischen Jugend in die Höhe halten: Als SPÖ-Chef Werner Faymann über die 90.000 Asylanträge aus dem Vorjahr spricht, zeigt die Parteijugend stumm, aber gut sichtbar flagge. Sie hat noch ein zweites Taferl parat: "Menschenrechte brauchen keine Obergrenze."

Der Kanzler ignoriert den stillen Protest geflissentlich. Doch dieser zeigt den Riss in der SPÖ nach dem Obergrenzen-Beschluss für Asylwerber. "Für viele in diesem Saal hat die Bundes-SPÖ ihre letzten Prinzipien über Bord geworfen", begründet SJ-Chef Peter Drechsler die Taferl-Aktion während des Landesparteitages der steirischen SPÖ am Samstag in Spielberg.

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Faymann wiederholt indes, in der Flüchtlingsfrage auf eine"europäische Lösung" zu setzen – und darauf zu pochen, dass nicht nur Schweden, Deutschland und Österreich am meisten belastet werden. "Wir belügen unsere eigenen Leute nicht und sagen, alles geht bis zu jeder Zahl", verteidigt er den "Richtwert" (vulgo "Obergrenze"). "Es ist eine Frage der Ehrlichkeit, das auszusprechen." Der Parteijugend ist das zu wenig. "Wir drohen, unsere Glaubwürdigkeit zu verspielen", fürchtet Drechsler. Auch der neue rote Landesobmann Michael Schickhofer kann der Obergrenze nicht viel abgewinnen. "Ich verstehe, dass man sich ein klares Ziel setzt. Aber keiner darf an der steirischen Landesgrenze krepieren." Dann wendet sich Schickhofer direkt an seinen Parteichef. "Werner, da müss’ ma aufpassen, das wird’s nicht spielen: Dass die Steiermark zu einer Wartezone wird. Eine Pufferzone in den Weinbergen lehnen wir entschieden ab." Die steirischen Roten hat er damit gewonnen: Schickhofer wird mit 95 Prozent Zustimmung zum Landes-SP-Chef gekürt. Er folgt damit offiziell auf Franz Voves, der nach der Wahlniederlage im Vorjahr zurückgetreten ist. Schickhofer kann mit 95 Prozent zufrieden sein. Er übernahm eine Partei, die verbittert war, weil Voves den Landeshauptmannsessel der ÖVP überlassen hat. "Samma für einander da, halt ma zamm", bittet der 36-Jährige. In dem Punkt trifft er sich mit Faymann. "Ich weiß, wie schwierig es ist, diese Partei zusammenzuführen", sinniert der Kanzler. "Und wie leicht es wäre, sie auseinanderzudividieren."