Sawtschenko-Prozess: Auftakt für ein symbolträchtiges Verfahren
Von Elke Windisch
Für Russland ist sie eine mehrfache Mörderin, die Ukraine ehrte sie mit dem Titel einer Nationalheldin, einem Sitz im Parlament und einem Mandat für die Parlamentarische Versammlung des Europarates. Dahinter steckte auch das Kalkül, die damit verbundene Immunität werde Nadeshda Sawtschenko freipressen. Die ukrainische Pilotin sitzt seit Juli 2014 in Russland in Haft. Am Donnerstag begann der Prozess gegen sie in der Kleinstadt Donezk in Russland an der Grenze zur Ukraine.
Sawtschenko, 34, soll ukrainischen Truppen im Juni 2014 Koordinaten eines Kamerateams übermittelt haben, das für das russische Staats-TV aus der Ostukraine berichtete – die zwei Journalisten starben bei einem Mörser-Angriff. Die Beweise, so Wladimir Markin, Sprecher der russischen Ermittlungsbehörde, seien "ausreichend".
Sawtschenko bestreitet: Pro-russische Separatisten hätten sie vor den Schüssen auf die Journalisten gefangen genommen und dem russischen Geheimdienst übergeben, der sie über die Grenze verschleppte. Moskau stellt es so dar: Sawtschenko sei als Flüchtling getarnt beim illegalen Grenzübertritt verhaftet worden. Bilder des russischen Staatsfernsehens vom 8. Juli 2014 zeigen sie in der Arrestzelle der U-Haftanstalt von Woronesh. Aussage steht gegen Aussage. Für ihre Version trat Sawtschenko während der U-Haft sogar in einen Hungerstreik, der sie fast das Leben kostete.
Noch geht es in dem Verfahren nicht um die Tat, sondern um die Person der mutmaßlichen Täterin. Doch schon die so genannte Vorverhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und gegen den Willen der Angeklagten entscheidet über schuldig oder nicht schuldig nicht eine Geschworenen-Jury, sondern ein Kollegium aus Berufsrichtern. So, wie in allen politisch geladenen Prozessen in der jüngeren Geschichte Russlands.
Auch von der Causa Sawtschenko hängt ab, wie sich das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen weiter entwickelt. USA, Europa und sogar die als vorsichtige bekannte Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE halten sich mit Vorverurteilungen zwar zurück, kritisieren indes die "illegale Internierung", und fordern Sawtschenkos Freilassung im Rahmen eines Gefangenen-Austausches. Kiew hat da etwa einen Austausch gegen zwei Kämpfer im Auge, die gegenüber der OSZE angegeben hatten Angehörige der russischen Armee zu sein.
Ein Austausch ist nach russischem Recht erst nach abgeschlossenem Verfahren möglich. Und das könnte nach Moskau verlegt werden, wo es durch geballte Medienpräsenz ganz andere Resonanz bekäme. Ein entsprechender Antrag der Verteidigung wird geprüft.