Politik/Ausland

Rot, Blau und Schwarz kämpfen um Platz eins

Sie duzen sich, der Umgang von Werner Faymann mit Eugen Freund ist dennoch sachlich und respektvoll. Es gibt keinen Anschein von Verhaberung.

Als der Bundeskanzler den Spitzenkandidaten der SPÖ für die Europa-Wahl am Donnerstag bei einer Pressekonferenz vorstellte, nahm er Anleihen bei Bruno Kreisky. Freund ist kein Parteimitglied, „er geht aber ein Stück des Weges mit der SPÖ, er ist ein Außenpolitik-Experte sowie kommunikativ und sozial äußerst versiert“. Das war auch Bruno Kreisky.

Faymann freute sich, dass die Parteigremien einstimmig die Kandidatur Eugen Freunds befürworteten.

Dass er kein typischer Parteipolitiker sei, sondern ein Quereinsteiger, findet OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer als Vorteil für die SPÖ und die Wahlauseinandersetzung. „Er darf sich ja kein Parteigehabe umhängen lassen, er braucht auch keinen neuen Akzente.“ Seine Unabhängigkeit, sein Stil und seine Kompetenz unterscheiden ihn von den anderen Spitzenkandidaten, von Othmar Karas (ÖVP) und dem FPÖ-Duo Andreas Mölzer sowie Harald Vilimsky.

Auch wenn Karas laut Bachmayer „in der EU-Sachpolitik die Nummer 1 ist und oft die ÖVP-Linie kritisiert, ist er ein Parteipolitiker“. Das gilt auch für die beiden FPÖ-Vertreter.

Die Entscheidung Faymanns für Freund „erhöht die Chance der SPÖ, stärkste Partei bei der EU-Wahl zu werden“, analysiert Bachmayer. Zuletzt, 2009, bekam die SPÖ 23,7 Prozent der abgegebenen Stimmen, die ÖVP 30 Prozent. Nach Umfragen liegen derzeit SPÖ, ÖVP und Freiheitliche eng beieinander.

Stimmungsbarometer

Für den Meinungsforscher steht fest, dass der Ausgang der EU-Wahl ein Schlaglicht auf die Parteien-Performance, im besonderen aber auf die Regierungskoalition werfen wird. „Sollte die ÖVP verlieren, dann wird das weitere Verwerfungen innerhalb der Volkspartei auslösen.“

Bundeskanzler Faymann hat zwar kein Wahlziel formuliert, die Strategie für den Wahlkampf steht aber fest: Er will die Europa-Debatte vertiefen. „Wir müssen den Wählern sagen, welche Vorteile die EU hat. Den Kampf gegen Finanzspekulanten, für mehr Wachstum und gegen Arbeitslosigkeit können wir in der EU nur gemeinsam führen.“ Hauptgegner ist für Faymann die FPÖ. „Wir werden ihren Hetzparolen entgegentreten.“

Eugen Freund will „Stärken und Schwächen der EU aufzeigen“, für den überzeugten Europäer ist das „Friedensprojekt Europa etwas Unglaubliches, nichts Selbstverständliches“.

Kreisky-Sozialisation

Seinen Entschluss, für die SPÖ anzutreten, führte er auf die Kreisky-Zeit zurück und auf die sozialdemokratischen Werte, die er „größtenteils“ teile. Freund verneinte, dass es noch andere Parteianfragen gab.

Positiv bewerten Meinungsforscher, dass Freund nicht die SPÖ-Delegationsleitung übernehmen will. „Damit hat er professionell reagiert und die Enttäuschung im Team vermindert.

Nach Freund kandidieren auf der SPÖ-Liste die bisherigen Europa-Parlamentarier Evelyn Regner, Jörg Leichtfried, Karin Kadenbach und Josef Weidenholzer. „Wir sind ein starkes Team“, sagt Eugen Freund und will damit das Gruppengefühl stärken.

Im ÖVP-Team bestätigte derweil Othmar Karas eine Personal-Entscheidung: Ex-Justizministerin Beatrix Karl werde für die ÖVP bei den Wahlen zum Europaparlament kandidieren. Mehr dazu lesen Sie unter EU-Wahl: ÖVP schickt Beatrix Karl ins Rennen

Wer im Mai kandidiert

Listen & Spitzenkandidaten ÖVP mit Spitzenkandidat Othmar Karas; SPÖ mit Eugen Freund; FPÖ mit Andreas Mölzer & Harald Vilimsky; Grüne mit Ulrike Lunacek; Reformkonservative (Rekos) mit Ewald Stadler; Neos haben Liste noch nicht vorgelegt. Offen ist, ob Hans-Peter Martin nochmals antritt. Eventuell auch Liste Piraten & Kommunisten.

Ergebnisse EU-Wahl 2009 ÖVP 30 Prozent (6 Mandate); SPÖ 23,7 % (5); Liste Martin 17,7 % (3); FPÖ 12,7 % (2); Grüne 9,9 % (2); BZÖ 4,6 % (1).