Politik/Ausland

Reporter-Mord in Slowakei: Innenminister tritt zurück

Nach Druck im Inland und aus dem Ausland ist der slowakische Innenminister Robert Kalinak am Montag zurückgetreten. Die Regierung und insbesondere der unter Korruptionsverdacht stehende Kalinak waren nach dem Mord an dem Aufdeckerreporter Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová vor zwei Wochen unter heftigen Beschuss geraten.

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Die Stimmung im Land sei extrem angespannt und emotionsgeladen. "Ich hoffe, mit meinem Schritt werde ich dazu beitragen, dass sich die Situation stabilisiert", gab der 46-jährige Kalinak auf einer Pressekonferenz in Bratislava bekannt. Dies sei notwendig, damit die Polizei ihre laufenden Ermittlungen im Fall Kuciak erfolgreich zu Ende führen könne. Er habe Ministerpräsident Robert Fico bereits über seine Rücktrittsentscheidung informiert. Ob Kalinak nun als Abgeordneter ins slowakische Parlament zurückkehrt, blieb unklar.

Regierungskrise

In der Slowakei herrscht seit den Morden vom 25. Februar eine Regierungskrise. Der Investigativ-Journalist Jan Kuciak hatte sich auf große Korruptionsfälle und Verstrickungen von Politik und Geschäftemacherei spezialisiert und dabei Verbindungen von Personen, die der italienischen Mafia nahe stehen sollen, bis in höchste politische Kreise der Slowakei enthüllt. Der Artikel wurde erst nach seinem Tod vom Nachrichtenportal aktuality.sk veröffentlicht.

Der Rücktritt Kalinaks war aufgrund der Empörung bei Opposition, Medien und in der Bevölkerung seit Ende vergangener Woche erwartet worden. Tenor der Kritik insbesondere an Kalinak: Gründliche und objektive Ermittlungen im Mordfall Kuciak seien nicht garantiert.

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Rund 30.000 Slowaken hatten am Freitag erneut gegen die Regierung protestiert, politische Konsequenzen und auch die sofortige Entlassung Kalinaks gefordert. Es handelte sich um die größten Demonstrationen seit der demokratischen Wende von 1989. Mit Slogans wie "Wir wollen eine anständige Slowakei" protestierten die Menschen gegen die Regierung und für eine unabhängige Aufklärung der Bluttat.

Kiska forderte Umbau der Regierung

Staatspräsident Andrej Kiska hatte zuvor einen "grundlegenden" Umbau der Regierung oder Neuwahlen gefordert. Auch ein Koalitionspartner der führenden Regierungspartei Smer von Premier Fico, zu der auch Kalinak gehört, hatte Druck gemacht. Most-Hid, einer von zwei Regierungspartnern in einer Dreier-Koalition, hatte gedroht, das Regierungsbündnis zu verlassen, sollte Kalinak nicht gehen.

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Der deutsche EU-Parlamentarier Manfred Weber hatte am gestrigen Sonntag nach der Rückkehr einer Delegation des Europäischen Parlaments aus der Slowakei zur Aufklärung der Umstände der Ermordung Kuciaks die Entlassung des unter Korruptionsverdacht stehenden Kalinak durch Fico gefordert. Es sei unglaubwürdig, dass der Innenminister als Vorgesetzter der Polizei, die die Morde und Verwicklungen aufklären solle, immer noch im Amt sei, so Weber.

Ministerpräsident und Smer-Parteichef Fico hatte sich bisher immer hinter Kalinak gestellt. Die Forderung nach Neuwahlen wies er zurück. Der Opposition wirft Fico vor, den Tod zweier junger Menschen als politisches Druckmittel einzusetzen.

Kalinak waren seit Monaten Kontakte zu einem umstrittenen Unternehmer nachgesagt worden, der unter dem Verdacht des Steuerbetrugs steht. Vorige Woche kam der Vorwurf gegen Kalinak selbst, in einer Bestechungsaffäre die Justiz behindert zu haben, hinzu. Kalinak soll demnach bei öffentlichen Anschaffungen in seinem Ressort Bestechungsgelder in Höhe einiger Hunderttausend Euro angenommen und über seine Privatfirmen gewaschen haben. Ein Sonderstaatsanwalt hatte in der Sache Strafanzeige gegen den Politiker erstattet. Kalinak wies alle Vorwürfe zurück.