Puerto Rico: Trump verhöhnt Hurrikan-Opfer
Von Dirk Hautkapp
Morgen schlüpft Donald Trump wieder in die Rolle des Kümmerers. Wie zuvor in Texas (Hurrikan "Harvey") und Florida ("Irma") will der US-Präsident nach "Maria" im US-Übersee-Territorium Puerto Rico Anteilnahme am Schicksal der Sturm-Opfer bekunden. Der Empfang könnte diesmal kühl ausfallen, ja sogar feindlich.
Auf der von 3,4 Millionen Menschen bewohnten Karibikinsel, die durch den Wirbelsturm fast flächendeckend zerstört wurde, bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an. Auch zwölf Tage nach "Maria" kommen die in Washington zu spät und dann schleppend eingeleiteten Hilfsaktionen nicht richtig in Gang. Es fehlt an Wasser, Nahrung, Medikamenten. Das Stromnetz liegt zu 95 Prozent brach, die Tankstellen haben kein Benzin, Mobiltelefone funktionieren nur sporadisch. Reporter, die aus Gegenden auf dem 9000 großen Eiland berichten, wo die Menschen noch immer keine Hilfstransporte gesehen haben, klagen über "haarsträubende Ineffizienz".
Bei manchen liegen die Nerven blank. "Ich bin es leid, höflich und politisch korrekt zu sein. Ich bin stinkwütend. Wir sterben hier", wandte sich Carmen Yulín Cruz verzweifelt an die Regierung auf dem Festland. Wenn nicht schleunigst mehr getan werde, sagte die Bürgermeisterin der Hauptstadt San Juan, komme es auf Puerto Rico zu etwas, "was einem Genozid nahe kommt". Sie verglich die Situation auf der Insel mit einer "verstopften Arterie". Durch die Washingtoner Bürokratie drohe das "Herz bald nicht mehr zu schlagen".
Der Adressat des Hilferufs – Donald Trump – reagierte dünnhäutig und schlug, wie immer bei Kritik, ohne Augenmaß zurück. Via Twitter warf er der Bürgermeisterin "armselige Führungsqualitäten" vor, witterte eine demokratische Verschwörung hinter den Vorwürfen und drehte den Spieß um: Puerto Rico wolle alles vorgesetzt bekommen, statt selbst zu arbeiten.
Kopfschütteln
Als das Ausmaß der Katastrophe sichtbar wurde, mischte Trump seine seltsam unempathischen Durchhalte-Parolen ("Wir sind bei euch, Puerto Rico") auf Twitter mit Kritik, die bis ins republikanische Lager Kopfschütteln auslöste. Danach sei die Insel schon vor "Maria" wegen "gigantischer Schulden" quasi dem Untergang geweiht gewesen.
Inzwischen sind Tausende US-Helfer vor Ort. Trump bescheinigt ihnen, gemessen an den Umständen "unglaublich gute Arbeit zu machen". Das sieht der als oberster Hilfskoordinator eingesetzte Drei-Sterne-General Jeffrey Buchanan anders: "Wir sind einfach nicht genügend Leute hier", sagte er nach wenigen Stunden auf der Insel.
Trumps Attacken gegen eine verzweifelte Lokalpolitikerin wird in Washington als neuer Tiefpunkt in der Amtsführung des Präsidenten gesehen. "Die Opfer des Sturms als undankbar und faul hinzustellen, ist eines Präsidenten unwürdig", erklärten parteiunabhängige Analysten.