Politik/Ausland

„Pressesprecherin von Jesus“ gegen Homo-Ehe

Man weiß nicht, ob man lachen oder sich fürchten soll: Ausgerechnet in Frankreich, das sich als streng säkulare Republik definiert, sorgt die bevorstehende Legalisierung der Homo-Ehe für eine Polit-Hysterie sondergleichen.

Nur das Einschreiten kräftiger Parlamentsbeamter konnte Freitag, gegen ein Uhr Früh, bei Abschluss der Debatte in der Nationalversammlung eine Saalschlacht verhindern. Abgeordnete der bürgerlichen Opposition waren in Richtung der Bänke der Regierung gestürzt, weil sie sich durch „Gelächter“ provoziert fühlten. Schon zuvor waren einige ausgerastet: Die Regierung bestünde aus „Kindsmördern“, weil sie Homosexuellen das Recht auf Adoption einräume.

Ein weiterer bürgerlicher Abgeordneter hielt einen Damenschuh hoch, um die „Polizei-Gewalt“ zu geißeln: Der Schuh stamme von einer Teilnehmerin einer Kundgebung vor dem Parlament, die von der Polizei aufgelöst wurde.

Die Protest-Bewegung wird von einer schrägen Persönlichkeit angeführt: Frigide Barjot (ein selbst gewähltes Pseudonym, das auf die Filmdiva Brigitte Bardot anspielt, wobei das Wort „barjot“ in Französisch „durchgeknallt“ bedeutet). Die Dame, die sich als „Homo-Freundin“ definiert und als Star des Pariser Nachtlebens in TV-Talkshows gern gesehen wird, ist gleichzeitig eine passionierte Verfechterin eines besonders konservativen Katholizismus. Sie gründete eine Anti-Abtreibungsbewegung und erklärte sich zur „Pressesprecherin von Jesus“.

Coole Mischung

Diese Mischung aus Coolness und Erztradition entspricht auch den auffallend vielen Jugendlichen, die gegen die Homo-Ehe demonstrieren. Es sind zwar überwiegend Kinder aus konservativen Familien und Schüler katholischer Privatschulen, sie wollen aber nicht als dumpfe Spaßverderber erscheinen.

Mal versuchen sie die Anti-Macho-Bewegung der „Femen“ zu verulken, indem junge Männer mit entblößten Oberkörpern und der Aufschrift „Homen“ demonstrieren. Mal bezeichnen sie Präsident Hollande als „Diktator“. Ihre Proteste begründen sie oft mit den „vielen Scheidungen“ – ein Paradoxon, versprechen doch Homo-Ehe einen Anstieg der Hochzeiten.

„Wir sind keine Faschisten, wir stammen aus guten Familien“, erklärte blauäugig ein Demonstrant. Dabei häufen sich brachiale Angriffe auf Homosexuelle durch Rechtsradikale, Demonstranten grölen nachts vor den Privatwohnungen der – wenigen – bürgerlichen Abgeordneten, die die Homo-Ehe befürworten. Und Barjot drohte sogar mit „Blutvergießen“.

Mehrere bürgerliche Politiker hoffen, die linke Staatsführung in eine Krise zu stürzen. Andere Oppositionsvertreter befürchten aber, dass dieses Aufbäumen schnell als überholt erscheinen könnte.