"Präsident der Reichen?": Macron liberalisiert Arbeitsmarkt
Von Danny Leder
Emmanuel Macron hat aus seiner Überzeugung nie ein Geheimnis gemacht, und das auch noch unlängst, am Rande seines Besuchs bei den Salzburger Festspielen, betont.
Wenn Frankreich im globalen Wettbewerb bestehen, in der EU auf Augenhöhe mit Deutschland reden und seine chronische Arbeitslosenrate von rund zehn Prozent auf das "herrliche" österreichische Niveau, also die Hälfte, absenken wolle, müsse das Land schleunigst seine "Hausaufgaben" erfüllen. Das bedeute mehr Freiraum für Unternehmerinitiative, Steuerabbau in den oberen Etagen, staatliche Entschlackung.
Der Prozess ist jetzt voll im Gange. Pünktlich zum August-Ausklang präsentierte Premier Edouard Philippe, ein Überläufer aus der konservativen Opposition, die Reform des Arbeitsrechts, die per Dekret im Eilverfahren zur Anwendung kommen wird.
Die Endfassung liest sich wie eine Wunschliste der Unternehmerverbände: etliche Vereinbarungen etwa im Bereich der Gehälter, Alters-Prämien oder Arbeitszeit-Flexibilität, die bisher im Zuständigkeitsbereich der Sozialpartner auf Branchen-Ebene lagen, können nun innerbetrieblich getroffen werden.
Kaum Proteste
Die Ermessensgrundlage für Einsprüche gegen Personalabbau bei multinationalen Unternehmen wird eingeschränkt. Die Entschädigungen, die Arbeitsgerichte im Fall von "willkürlichen Kündigungen" Arbeitnehmern zusprechen können, werden begrenzt.
In Frankreich gibt es keinen einheitlichen Gewerkschaftsbund, sondern mehrere rivalisierende und daher besonders schwächelnde Bünde. Nur einer von den drei größten Bünden, der linke CGT, will sich noch querlegen. Sein Streikaufruf für den 12. September wird wohl auf wenig Gehör stoßen, weil sein bisheriger Verbündeter, der politisch neutralere Gewerkschaftsbund FO, ausgeschert ist.
Der FO-Boss meinte sinngemäß: es hätte schlimmer kommen können. Tatsächlich ist die Gewerkschaftsbasis zermürbt und die Bevölkerung unschlüssig: Laut Umfrage befürchten zwar 68 Prozent, dass die Arbeitnehmer in ihren Rechten beschnitten werden, und 64 Prozent glauben nicht, dass dadurch neue Jobs entstehen würden. Aber 63 Prozent meinen auch, dass das bisherige Arbeitsrecht überholt ist.
Auch sonst schreitet die Staatsspitze um Macron in einer Weise voran, die ihren Gegnern wenig Spielraum lässt. Trotz heftiger Proteste sägt sie an den Wohnbeihilfen.
Die staatlich subventionierten Jobs, die bisher einen Teil der Jugendarbeitslosigkeit abgefangen haben und vor allem im Schul- und Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielen, werden von 300.000 auf 200.000 reduziert.
Die Abgaben auf Gewinne bei Finanzoperationen sollen durch eine Flat-Tax geglättet werden. Die Vermögenssteuer (ab einem Besitz von 1,3 Millionen Euro) wird nur mehr Immobilien betreffen, aber nicht mehr Finanzvermögen.
Letzteres ist für Frankreich ein echter Tabubruch, den nicht einmal der bürgerliche Hardliner Nicolas Sarkozy gewagt hatte. Macron brachte dies im Linksblatt Libération den Titel "Präsident der Reichen" ein – vorerst aber noch mit Fragezeichen.