Polen: Analyse und Wegschauen
Von Jens Mattern
Die Wiener Turbulenzen um die FPÖ wurden von den liberalen Medien in Polen aufmerksam verfolgt – schließlich ist dort mit der „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) eine Partei am Ruder, die ebenfalls auf ein Europa der Vaterländer pocht und sich weigert, eine bestimmte Anzahl an Asylsuchenden von Brüssel delegiert zu bekommen.
„Heinz-Christian Strache zeigt, wie ein typischer europäischer Populist denkt“, las man nach Bekanntwerden von Ibizagate in der Gazeta Wyborcza, die so auch auf die Verhältnisse vor der eigenen Haustür anspielte. Denn PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski plante die Finanzierung eines Wolkenkratzerprojekts ebenfalls aus dubiosen, wenn auch nicht russischen Quellen.
Grundsätzlich ist in Polen das heimliche Aufnehmen eines Politikers oder anderer Würdenträger ein bewährtes Instrument in der hart ausgetragenen politischen Auseinandersetzung. So wurden Vertreter der Vorgängerregierung von Unbekannten im Restaurant aufgezeichnet, ihre vulgären Sprüche sorgten unter anderem für ihre Abwahl.
Wohl auch darum kümmerte sich die Regenbogenpresse kaum um die Wiener Belange.
„Steht der Kanzler Österreichs zum Verkauf?“, fragte etwas lapidar die Boulevardzeitung Fakt und meinte damit Strache. Ignoriert wurde der Skandal von den einflussreichen Abendnachrichten des Staatsfernsehens TVP – es wurde einfach nicht berichtet. Denn der nationalkonservativen Regierung kam die Aufregung um einen Gleichgesinnten nicht gelegen.
Dass mit Brigitte Bierlein erstmals eine Frau an der Spitze der österreichischen Regierung steht, wird zudem nur am Rande berichtet.