Politik/Ausland

Pole erhielt in Norwegen Asyl

Das kommt auch nicht alle Tage vor: Ein Pole, der wegen Betrugs und Dokumentenfälschung von einem Gericht zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde, hat in Norwegen politisches Aslyl erhalten. Der Mann hatte der polnischen Justiz  ein unfaires Verfahren und Vergeltung vorgeworfen. Die norwegische Einwanderungs- und Asylbehörde begründete die Entscheidung für die Asylgewährung dann auch damit, dass polnische Gerichte „politisiert“ seien und das Checks and balances-System zerstört sei.

Polen steht seit langem in der internationalen Kritik, vor allem seitens der EU, weil das rechtsgerichtete Regime die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt. Die EU-Kommission hat wegen diverser Entscheidungen (Richterbesetzungen, etc.) Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen und seine PiS-Regierung eingeleitet. Mit der Entscheidung Norwegens wird diese Kritik nun auch von außerhalb der EU getragen.

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Rafal Gawel war mit seiner Frau im Jänner 2019 aus Polen nach Norwegen geflüchtet, kurz bevor ein Berufungsgericht seine Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen Betrugs, Unterschriftenfälschung und Urkundenfälschung bestätigt hatte. Gawel ist der Gründer eines Zentrums zur Beobachtung von Rassismus und Xenophobie in Bialystok im Osten des Landes.

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Gawel bestreitet die Vorwürfe und behauptet, das Verfahren sei eine Vergeltung wegen der Aktivitäten seines Instituts. „Ich bin der erste Pole, der seit Ende des Kommunismus in Osteuropa Asyl erhalten hat“, sagte Gawel der Associated Press, „ich bin sicher, dass ich damit mein Leben gerettet habe, weil im Gefängnis hätte ich keine gute Zukunft gehabt. Die Regierung hasst mich.“

Der stellvertretende polnische Justizminister Pawel Jablonski weist die Vorwürfe zurück: Die Ermittlungen zu den Finanzgeschäften Gawels hätten schon unter der PiS-Vorgängerregierung begonnen.

Marianne Granlund von der Asylbehörde sagte hingegen, Norwegen gewähre europäischen Bürgern selten Asyl, aber die Dokumente und Argumente Gawels seien so überzeugend gewesen, „dass ihm Schutz zusteht“. Ein Antrag Polens auf Auslieferung Gawels war zuvor schon abgelehnt worden.

Polen droht EU mit Veto

Im EU-Streit um finanzielle Sanktionen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hat Polen unterdessen mit einem Veto beim europäischen Haushalt und dem eng damit verbundenen Corona-Hilfsfonds gedroht. „Wenn die Drohungen und Erpressungen aufrecht erhalten werden“, werde es ein Veto geben, sagte der stellvertretende Regierungschef und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski der Zeitung „Gazeta Polska Codziennie“ am Dienstag. „Wir werden gegen jeden vorgehen, der uns erpresst.“

Die EU-Staaten und das Europaparlament verhandeln derzeit über die Möglichkeit, Kürzungen oder Streichungen von EU-Geldern für Mitgliedstaaten bei rechtsstaatlichen Verfehlungen durchzusetzen. Polen und Ungarn, die seit Jahren deshalb in der EU am Pranger stehen, wehren sich vehement gegen eine Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit mit dem EU-Haushalt.