Politik/Ausland

ÖVP will Karas den Kommissar nicht geben

Wahlsonntag in der ÖVP-Zentrale. Othmar Karas wird mit Applaus, Sprechchören und Lobreden gefeiert. Gewichtige Funktionäre sagen, für diesen Wahlerfolg, mit dem er der gebeutelten ÖVP eine Atempause verschafft hat, gebühre ihm der Job des EU-Kommissars.

Der amtierende Gio Hahn ist bei den Funktionären der ÖVP ohnehin nicht besonders beliebt. Man kreidet ihm an, vor der letzten Wien-Wahl davongelaufen zu sein. "Hahn hat für die Partei gar nichts gemacht", sagt ein einflussreicher niederösterreichischer ÖVPler zum KURIER.

"Funktionierender Apparat"

Am Montag nach der Wahl im ÖVP-Vorstand. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll reklamiert den Sieg für seine Landesgruppe. Der "funktionierende Apparat" der niederösterreichischen ÖVP habe die Stammwähler zu den Urnen gebracht, und zwar unabhängig von Kandidaten und Großwetterlage, lautet Prölls Analyse des Ergebnisses. Er spricht sich weiters dafür aus, Gio Hahn für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissar zu nominieren.

Hahn hatte Vorarbeiten geleistet und bei Pröll und Christoph Leitl für seine sofortige Wiederbestellung lobbyiert. Das war Spindelegger bereits am Wahlabend zu Ohren gekommen, daher war er für den Vorstoß im Parteivorstand gewappnet.

Nicht die Fehler von 2009 wiederholen

Spindelegger argumentiert in der Parteisitzung: Hahn am Tag nach dem Karas-Sieg zum Kommissar zu nominieren, würde eine Wiederholung der Fehler von vor fünf Jahren sein.

2009 war Karas gefeierter Vorzugsstimmen-Sieger, aber die ÖVP legte sich dennoch auf Ernst Strasser als Delegationsleiter fest und haute sich mit der Personaldebatte den eindrucksvollen EU-Wahlsieg zusammen.

Verständlich, dass Spindelegger diesen Fehler nicht wiederholen will. Bei den ÖVP-Granden findet er mit diesem taktischen Argument Gehör. Der ÖVP-Vorstand beschließt daher, Spindelegger das Vorschlagsrecht für einen EU-Kommissar einzuräumen, ohne sich vorerst auf einen Namen festzulegen. Nur ein ÖVPler müsse es sein.

Othmar Karas verfolgt die Debatte im Vorstand, ohne sich groß einzumengen. Auch er will sich seinen Sieg nicht durch eine Personaldebatte verderben. "Othmar tut mir leid. Er ist ein fleißiger Arbeiter und hat wieder einmal mit dem Wahltag seine Aufgabe für die Partei erfüllt", sagt ein ÖVP-Vorstandsmitglied.

Karas wird vorerst zum Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament gewählt. Und dann hofft die ÖVP-Führung, dass ihr die EU aus der Verlegenheit hilft, ihren Wahlsieger nicht düpieren zu müssen. Tatsächlich könnte Karas als erster Österreicher die Spitzenposition des EU-Parlamentspräsidenten erklimmen. Seine Chancen stehen gut: Die Christdemokraten (EVP) sind mit dem Präsidentenamt an der Reihe und haben keinen programmierten Kandidaten. Karas ist hoch angesehen.

Mit dem Prestige des EU-Parlamentspräsidenten könnte Karas dann 2016 als überparteilicher Kandidat ins Hofburg-Rennen gehen, sagen seine Vertrauten.

Othmar Karas im Porträt