Politik/Ausland

Parlament in Sofia weiter belagert

Nach einer langen Nacht zeigte die bulgarische Protestbewegung auch am Morgen danach keine Schwäche. Nachdem Tausende Menschen in der Nacht auf Mittwoch stundenlang das Parlament belagert hatten, zogen auch am Mittwoch wieder Demonstranten vor das Abgeordnetenhaus in Sofia.

Diesmal war es leer. Die für neun Uhr anberaumte Sitzung war nach dem, was zuvor passiert war, abgesagt worden. Aus Sicherheitsgründen. Das Leben und die Gesundheit der Abgeordneten dürfe nicht gefährdet werden, so Parlamentspräsident Michael Mikow. Die Barrikaden rund um das Parlament sind noch da. Und ebenso ist es die Forderung der Protestbewegung: „Rücktritt“, hallte es auch am Mittwoch vor dem Parlament.

Seit 14. Juni gehen in Sofia jeden Abend Tausende Menschen auf die Straße. Die Bewegung hatte sich zwei Wochen nach der Angelobung der Koalitionsregierung aus Sozialisten (BSP) und der Türken-Partei DPS unter dem parteilosen Finanzexperten Plamen Orescharski spontan zusammengefunden. Anlass war die Ernennung eines zwielichtigen Medienunternehmers mit nachgesagten Mafia-Verbindungen zum Chef des mächtigen Geheimdienstes DANS.

Eskalation

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Was zu so etwas wie einem rituellen Spaziergang Unzufriedener wurde, die den Rücktritt der Regierung fordern, gipfelte in der Nacht auf Mittwoch in einer ersten gefährlichen Eskalation. Zunächst hatten die Demonstranten, die sich keinem politischen Lager zuordnen und allem voran moralische Werte im politischen Leben fordern, erfolglos versucht, die Abgeordneten daran zu hindern, ins Parlament zu kommen. Nachdem das misslang, schlossen Tausende Menschen einen Belagerungsring um das Parlament und errichteten Barrikaden. Ein Versuch der Polizei, rund 100 Abgeordnete, drei Minister und einige Journalisten aus dem Parlament zu evakuieren, schlug fehl. Die Demonstranten schlugen die Scheiben eines Busses ein und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Erst um vier Uhr morgens gelang es der Polizei einen Korridor in den Belagerungsring zu schlagen und die Eingeschlossenen zu evakuieren.

Die bulgarische Regierung schwieg zunächst zu den Ereignissen. Später am Mittwoch ließen BSP-Politiker durchblicken, dass es vorgezogene Neuwahlen geben könnte. Jedoch erst im kommenden Mai. Die EU-Kommission reagierte mit Besorgnis auf die Eskalation.