Othmar Karas will nukleare Abrüstungskonferenz in Wien
Von Andreas Schwarz
Nach mehr als drei Jahrzehnten ist der INF-Abrüstungsvertrag zu atomaren Mittelstreckenraketen Geschichte: Die USA bekräftigten am Freitag ihren formalen Ausstieg aus dem Abkommen, das sie 1987 mit der damaligen Sowjetunion geschlossen hatten. Washington und die NATO werfen Moskau vor, mit dem neuen russischen Marschflugkörper 9M729 gegen das INF-Abkommen verstoßen zu haben. Moskau weist die Anschuldigungen zurück.
Das Ende des INF-Vertrages schürt Ängste vor einem neuen globalen Rüstungswettlauf. Othmar Karas, Vizepräsident des europäischen Parlaments, teilt die Sorge und hat im Gespräch mit dem KURIER einen Vorschlag: Die EU solle mit Österreich als Sitz von UNO, Atomenergiebehörde und OSZE eine internationale Abrüstungskonferenz ins Leben rufen.
„Der INF-Vertrag war der letzte Abrüstungsvertrag aus der Zeit vor 1989, seither gab es keine einzige wirkliche Abrüstungskonferenz“, sagt der ÖVP-Europaparlamentarier Karas. Die atomare Aufrüstung gehe überall voran, China komme hinzu. Und von Mittelstreckenraketen sei vor allem Europa betroffen. Wann, wenn nicht jetzt, sei der Zeitpunkt, nicht nur die Aufgaben in der EU-Kommission neu zu ordnen, auch in Richtung Verteidigungsunion, sondern zudem „zu einer Abrüstungskonferenz einzuladen? China ist Partei, Russland ist Partei, die USA sind Partei, Europa ist betroffen – also handeln wir und bieten Wien als Verhandlungsort an.“ Die Initiative zu so einer „glaubwürdigen europäischen Friedensinitiative“ sollte von der neuen Kommission und der neuen Regierung in Wien ausgehen, so Karas.Nicht-StationierungAuch Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg warnte vor einem neuen Wettrüsten. Er rief beide Seiten, die USA und Russland, zur freiwilligen Nicht-Stationierung von landgestützten Mittelstreckenraten in Europa auf.
US-Außenminister Mike Pompeo hatte zuvor bei einem Besuch in Bangkok Russland die „ausschließliche“ Verantwortung für das Ende des INF-Vertrages zugewiesen. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte das Abkommen bereits im Februar gekündigt, erst jetzt wurde der Ausstieg formal wirksam. Die USA begründeten den Vertragsausstieg auch damit, dass das Abkommen nicht daran beteiligten Staaten wie China freie Hand bei der Entwicklung und Stationierung von Raketen gelassen habe.
Russlands Vize-Außenminister Sergej Riabkow schlug den USA und anderen NATO-Ländern ein Moratorium bei der Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen vor. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lehnte das als „Angebot ohne jede Glaubwürdigkeit“ ab. Es gebe in Europa keine neuen Marschflugkörper der USA oder der NATO, dafür mehr und mehr russische. Die Allianz wolle „einen neuen Rüstungswettlauf“ mit Russland vermeiden und plane keine Stationierung neuer atomarer Raketen auf europäischem Boden.