Olaf Scholz: "Putin wird Krieg nicht gewinnen"
Von Andreas Schwarz
„Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Nie wieder Gewaltherrschaft“ - das sei die Lehre, die Deutschland aus der katastrophalen Geschichte zwischen 1933 und 1945 gezogen habe und aus der sich die historische Verantwortung ergebe, die Ukraine gegen den Aggressor Russland zu unterstützen: „Wir verteidigen Recht und Freiheit - an der Seite der Angegriffenen.“ Das sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag in einer Fernsehansprache zum 77. Jahrestag des Weltkriegskriegsendes in Europa am 8. Mai 1945.
Der sozialdemokratische Politiker betonte, er sei zutiefst überzeugt, dass der russische Machthaber Wladimir Putin den Krieg (an anderer Stelle sprach er von einem "barbarischen Angriffskrieg") nicht gewinnen werde. Putin wolle die Ukraine unterwerfen und ihre Existenz auslöschen, aber die Ukraine werde bestehen. „Freiheit und Sicherheit werden siegen - so wie Freiheit und Sicherheit vor 77 Jahren über Unfreiheit, Gewalt und Diktatur triumphiert haben.“ Es seien erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Waffen in ein Kriegsgebiet geschickt worden. „Und immer sorgfältig abwägend auch schweres Gerät. Das setzen wir fort.“ Scholz fügte hinzu: „Zugleich tun wir nicht einfach alles, was der eine oder die andere gerade fordert.“ Denn er habe in seinem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. „Dazu zählt, unser Land und unsere Verbündeten vor Gefahren zu schützen."
Scholz zögerlicher Kurs in Sachen Waffenlieferungen war zunächst auch in der eigenen Koalition kritisiert worden; sein Schwenk wurde nun von namhaften Intellektuellen unter der Führung der Frauenrechtlerin und Journalistin Alice Schwarzer in einem offenen Brief kritisiert. Scholz ging in seiner TV-Ansprache direkt auf Befürchtungen ein, der Krieg könne sich ausweiten und „der Frieden auch bei uns in Gefahr geraten“. Es wäre „falsch, das einfach abzutun“. Gleichzeitig gelte aber: „Angst darf uns nicht lähmen."
Er lasse sich dabei von vier Grundsätzen leiten, betonte Scholz: Keine deutschen Alleingänge und Abstimmung mit den Bündnispartnern; Erhalt der eigenen Verteidigungsfähigkeit; keine Politik, die Deutschland „und unseren Partnern mehr schadet als Russland“; und viertens werde er keine Entscheidung treffen, „die die NATO Kriegspartei werden lässt“, betonte Scholz. Scholz setzte für Sonntagnachmittag auch eine Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten an, bei denen Deutschland derzeit die Präsidentschaft innehat. Teilnehmen sollte auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Der G7-Gruppe gehören Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien, Japan, die USA und Großbritannien an.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hatte am vergangenen Freitag Scholz eingeladen, an diesem Montag nach Kiew zu kommen. Ob und wann der Kanzler reisen könnte, blieb am Wochenende weiterhin unklar. Am Montagabend jedenfalls wird der französische Präsident Emmanuel Macron zum Antrittsbesuch nach seiner Wiederwahl in Berlin erwartet. Zwischen Berlin und Kiew hatte ja Verstimmung geherrscht, weil ein Besuch Steinmeiers in der Ukraine unerwünscht war. Scholz hatte die Ausladung als Hindernis für eine eigene Reise bezeichnet. Steinmeier und Selenskij räumten die Irritationen in einem Telefonat aber aus.