Politik/Ausland

NSU-Mordserie: 1000 Seiten des Versagens

Massives Behördenversagen“ und eine „drastische Unterschätzung der Gefährlichkeit“: Mit diesen Worten summiert der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy, die Einschätzungen der Kommission über die Mordserie der NSU-Zelle. Auf mehr als 1000 Seiten wird aufgelistet, was seitens der Ermittlungsbehörden alles schief gelaufen sei.

Zehn Morde hat die Zelle verübt, neun von ihnen an Personen mit Migrationshintergrund. Die Polizei tappte jahrelang im Dunkeln und konnte keine Verbindung zwischen den Taten herstellen – unter anderem auch deshalb, weil man das Motiv des Rassenhasses nicht in Betracht zog. Eineinhalb Jahre nach dem Auffliegen der Zelle und geraume Zeit nach Prozessbeginn hat der U-Ausschuss dies nun deutlich gemacht: "Deutlich geworden sind (…) schwere behördliche Versäumnisse und Fehler sowie Organisationsmängel bis hin zum Organisationsversagen bei Behörden von Bund und Ländern vor allem beim Informationsaustausch, Analysefähigkeit, Mitarbeiterauswahl und Prioritätensetzung", zitiert die Süddeutsche den Bericht.

Kein absichtliches Wegschauen

Eines wird in dem Bericht allerdings widerlegt – nämlich den Vorwurf der bösen Absicht. Spekulationen, wonach die Behörden einen ausländerfeindlichen Hintergrund der Taten absichtlich ignoriert hätten, wies U-Ausschuss-Leiter Edathy zurück. "Wir haben keine Hinweise darauf gefunden, dass Behörden zu der Zeit, als die Straftaten sich ereignet haben, wussten, wer dahinter steckt, und weggeschaut oder die Täter unterstützt haben."

Der Ausschuss dringt nun auf Reformen bei Polizei und Verfassungsschutz. Man verlangt eine bessere Kontrolle des Geheimdienstes. 47 Empfehlungen aus dem Untersuchungsbericht sollen künftig dazu beitragen, ähnlich schwere Behördenfehler künftig zu vermeiden - Außenminister Guido Westerwelle zeigte sich überzeugt, dass der Bericht dem deutschen Ansehen in anderen Ländern helfen werde.

Monster-Prozess läuft

Dem NSU wird der Mord an neun Migranten und einer Polizistin zur Last gelegt; in München läuft derzeit der Prozess um die Taten. Die Morde der rechtsextremen Terrorzelle NSU haben Deutschland erschüttert: Zwischen 2000 und 2007 sollen die Mitglieder des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) zehn Menschen umgebracht haben. Die Opfer wurden kaltblütig erschossen, aus nächster Nähe - so das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen. Hinzu kamen zwei Sprengstoffanschläge mit insgesamt 23 Verletzten.

Die mutmaßlichen Täter und NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt entkamen immer unerkannt. Als unmittelbare Täter vor Ort waren der Anklage zufolge jeweils die Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Sie hatten sich 2011 selbst getötet, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe ist als Mittäterin angeklagt. Sie ist die einzige Überlebende des Trios und soll für die legale Fassage der Gruppe gesorgt haben.

Beate Zschäpe vor dem Richter

Alle Inhalte anzeigen