Politik/Ausland

Notbremse für Briten bei der Zuwanderung

Der britische Premier David Cameron hat es sehr eilig: Zwei geplante Reisen nach Schweden und Dänemark, die er am Freitag absolvieren wollte, stornierte er kurzfristig, um Jean-Claude Juncker und Martin Schulz in Brüssel zu treffen. Es geht schließlich um den Verbleib in der EU oder den Austritt Großbritanniens aus der EU ("Brexit").

Da die EU das Königreich unbedingt als Mitglied behalten will, gibt es bereits bei der zentralen Forderung der Briten ein Entgegenkommen Brüssels. Cameron will, dass EU-Bürgern erst nach vier Jahren Aufenthalt und Arbeit in Großbritannien Sozialleistungen bezahlt werden. Das widerspricht zwar dem Prinzip der Freizügigkeit und dem heiligen Diskriminierungsverbot. Doch die EU bietet dem Tory-Chef eine "Notbremse" für die Zuwanderung an und will so den Austritt abwenden.

Es geht dabei um eine Regelung, nach der jedes Mitglied Arbeitnehmern aus anderen EU-Staaten bis zu vier Jahre lang Sozialleistungen vorenthalten kann. Der betreffende Staat müsse aber als Voraussetzung die anderen EU-Mitglieder davon überzeugen, dass sein Sozialsystem besonders belastet sei. Sollten sich Cameron und Juncker auf die "Notbremse" einigen, könnte Sonntagabend bei einem Treffen des britischen Premiers mit Ratspräsident Donald Tusk in London ein Entwurf für ein umfassendes Reformpaket vereinbart werden. Schon nächste Woche bekämen dann alle 28 Regierungschefs den Text. Angestrebt wird eine Einigung beim EU-Gipfel Mitte Februar.

Referendum im Juni?

Mit einem guten Deal könnte sich Cameron bei seinen europaskeptischen Landsleute als starker Mann präsentieren und die Wähler bereits im Juni zu den Urnen bitten. Bei Umfragen favorisierte zuletzt eine Mehrheit den Austritt.

Bei dem kurzen Handshake Freitagmittag vor dem Lunch gaben Juncker und Cameron nichts preis. Vorab jedoch ließ der britische Konservative in einem BBC-Interview wissen, dass die bisherigen Vorschläge aus Brüssel mit Blick auf sein geplantes "Brexit"-Referendum noch nicht ausreichen. Er sei aber ermutigend, dass Ideen entwickelt werden. "Aber wir sind noch nicht am Ziel", die Ideen seien "noch nicht stark genug".Das sei "Verhandlungstaktik" der Briten, versichern hochrangige Diplomaten in Brüssel, die in die Gespräche involviert sind. Die EU signalisiert den Briten jedenfalls "großen politischen Willen für eine Einigung". Die krisengeschüttelte Europäische Union wäre derzeit auch kaum in der Lage, den Schock eines Brexit zu verkraften.