Politik/Ausland

Nordirischer Ex-Vize-Regierungschef McGuinness gestorben

Der frühere nordirische Vize-Regierungschef Martin McGuinness ist tot. Das frühere hochrangige Mitglied der Untergrundorganisation IRA starb in der Nacht auf Dienstag mit 66 Jahren im nördlichen Derry, wie seine Partei Sinn Fein in "tiefer Trauer" mitteilte.

McGuinness' Rückzug aus der Politik hatte im Jänner eine Regierungskrise in Belfast ausgelöst. Seine Weggefährten würdigten ihn am Dienstag als Kämpfer für den Frieden im Nordirland-Konflikt.

Wie die BBC berichtete, starb McGuinness an Herzproblemen. Er war im Jänner von seinem Posten zurückgetreten und hatte wenig später erklärt, aus gesundheitlichen Gründen der Politik gänzlich den Rücken zu kehren. Mit seinem Rücktritt zog er vor allem die Konsequenz aus seinem Zerwürfnis mit dem Koalitionspartner Democratic Unionist Party (DUP). Dabei ging es um ein Förderprogramm für erneuerbare Energien, aus dem Millionenbeträge versickert sein sollen.

Seit dem Friedensabkommen von 1998 teilen sich in Nordirland die protestantische DUP und die katholisch-republikanische Sinn Fein die Macht. Weil sich Sinn Fein wegen des Streits mit der DUP aber weigerte, einen Nachfolger für McGuinness zu bestimmen und somit automatisch auch Regierungschefin Arlene Foster ihren Posten verlor, mussten Anfang März Neuwahlen abgehalten werden. Die pro-britische DUP wurde knapp stärkste Kraft.

McGuinness war früher ein ranghoher Anführer der katholischen Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA). Die IRA hatte jahrzehntelang mit Anschlägen und Waffengewalt für eine Loslösung Nordirlands von Großbritannien gekämpft. An den Verhandlungen über ein Friedensabkommen war McGuinness dann maßgeblich beteiligt.

Die britische Premierministerin Theresa May erklärte, sie werde zwar "niemals billigen", welchen Weg McGuinness in seinen frühen Jahren eingeschlagen habe. Letztlich habe er aber eine entscheidende Rolle dabei gespielt, die republikanische Bewegung "von der Gewalt wegzuführen". Daher habe er einen enormen Beitrag dazu geleistet, Nordirland zum Frieden zu führen.

Auch der frühere britische Premierminister Tony Blair, der an der Ausarbeitung des Karfreitagsabkommens beteiligt war, erklärte, ohne McGuinness wäre dies nicht möglich gewesen. Er würdigte die "Führungskraft, den Mut und die Beharrlichkeit" des Politikers, der immer darauf gedrungen habe, dass die Vergangenheit nicht die Zukunft bestimmen dürfe.

Sinn-Fein-Chef Gerry Adams bezeichnete McGuinness als "leidenschaftlichen Republikaner", der stets für Frieden und Versöhnung gekämpft habe. Seine Würde und Menschlichkeit habe er sich auch während seiner kurzen Krankheit bewahrt. DUP-Chefin Foster zeigte sich "schockiert" über die Nachricht.

Von der IRA in die Politik

McGuinness wurde 1950 in Derry (Londonderry) geboren und dort vom Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken geprägt. Früh zog es ihn in die Bürgerrechtsbewegung und schließlich in die IRA. Wegen Gewalttaten saß er eine mehrmonatige Haftstrafe ab. Im Jahr 2007 wurde er nordirischer Vize-Regierungschef und regierte die Provinz fortan mit seinem einstigen Erzfeind Ian Paisley von der DUP. Nach den jüngsten Neuwahlen konnten sich die Parteien bisher nicht auf eine neue Regierung einigen. Sollte dies nicht rasch gelingen, könnte es binnen weniger Wochen passieren, dass Nordirland zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder unter die Direktverwaltung Londons fällt.