Politik/Ausland

Niederlage zwingt Hollande zum Handeln

Mit einer klaren Schlappe für Frankreichs regierende Linke und einem ebenso klaren Sieg für das bürgerliche Oppositionsbündnis (die konservative UMP und ihre liberalen Verbündeten) endete am Sonntag der zweite Durchgang der landesweiten französischen Kommunalwahlen. Eine der wenigen Trostpflaster für die Linke war die Rettung ihrer Pariser Rathausmehrheit, die die Sozialistin Anne Hidalgo zur Bürgermeisterin küren wird.

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Die rechtspopulistische "Front national" konnte ihrerseits zwei weitere, mittelgroße Städte in Südost-Frankreich gewinnen, nachdem sie bereits im ersten Wahlgang eine bedeutendere Kommune in Nordfrankreich errungen hatte (siehe Karte). Allerdings verfehlte sie das von der Parteichefin Marine Le Pen gesteckte Ziel von 15 Bürgermeistersitzen. Währenddessen konnten die Grünen die große Stadt Grenoble erobern.

SP-Staatschef François Hollande wird jetzt einen raschen Neustart durch eine Umgestaltung der Regierungsmannschaft versuchen. Dazu wendet er sich via Fernsehansprache am heutigen Montag an die Bürger.

Dabei hat Hollande im Wesentlichen zwei Optionen: Entweder er ersetzt bloß einige Minister, behält aber den bisherigen Premier, Jean-Marc Ayrault. Oder er ernennt den bisherigen Innenminister, Manuel Valls, als Regierungschef. Für Ayrault spricht, dass er ein verlässlicher Vollzieher des Kurs von Hollande und eine wohltemperierte Persönlichkeit ist.

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Außerdem würde Hollande mit einer Ablöse von Ayrault zum jetzigen Zeitpunkt, die Möglichkeit verlieren, später, nach weiteren Niederlagen einen neuen Premier zu ernennen.

Allerdings könnte der Beibehalt des allzu gemächlichen und ziemlich farblosen Anti-Charismatiker Ayrault umgekehrt wieder den Eindruck erwecken, Hollande hätte aus der Niederlage der SP keine Lehren gezogen. Während die Ernennung von Manuel Valls ein Signal für mehr Tatkraft wäre: Valls, ein gebürtiger Spanier, verkörpert den rechten Flügel der SP und profilierte sich als harter Ordnungspolitiker mit vergleichsweise hoher Popularität. Aber für den Fall der Ernennung von Valls haben wiederum die Grünen mit Regierungsaustritt gedroht, was Hollande eher vermeiden möchte.

Deal mit Brüssel

Dieses Herumgebastel an der Regierungsmannschaft wird am sozialliberalen Kurs nichts ändern, den Hollande seit dem Vorjahr bekräftigt hat. Auch wenn der linke Flügel der SP und weiter links stehende Kräfte ebenso wie Le Pen der Ansicht sind, dass die Sozialisten genau für diesen EU-konformen Kurs abgestraft wurden: Demnach wäre das Industriesterben, die wirtschaftliche Stagnation und die anhaltend hohe Arbeitslosenrate von über zehn Prozent namentlich auf die Spardiktate von Brüssel und den zu hohen Stand des Euro zurückzuführen.

Hollande will hingegen, die französischen Unternehmen durch Steuersenkungen in der Höhe von 50 Milliarden Euro bis 2017 stärken und die französischen Staatsausgaben parallel um die gleiche Summe senken. Dazu ist eine Sozialpartnerkonferenz angesagt. Die einzige Konzession, zu der Hollande nach der Wahlniederlage bereit zu sein scheint, wäre eine Steuersenkung für mittlere und niedere Einkommenskategorien. Dafür würde der französische Staatschef von der EU-Kommission mehr Zeit beim Defizitabbau verlangen – nicht zuletzt mit dem Hinweis, dass dies der Preis sei, um dem Vormarsch der Anti-EU-Kräfte entgegen zu wirken.

François Hollande steht mit dem Rücken zur Wand. Es gehört zwar schon zur Tradition in Frankreich, dass bei den landesweiten Lokal-Wahlen die jeweiligen Staatsführungen, ob sozialistisch oder bürgerlich, in der Halbzeit ihres Mandats abgestraft werden. Diesmal aber könnte diese Pendelbewegung eine Erschütterung ankündigen, die am gesamten Nachkriegsgerüst der französischen Republik rüttelt: Das signalisiert der Vormarsch der Nationalpopulisten von Marine Le Pen, so bescheiden deren Resultate auch sein mögen im Vergleich zum Sieg der konservativen Opposition und so sehr auch ihr Abstand zu den Grünen, die ebenfalls zulegten, gering bleibt.

Bis zu den EU-Wahlen im Mai, dem idealen Exerzierfeld für Marine Le Pen, kann aber Hollande das wirtschaftspolitische Steuer nicht mehr herumreißen – selbst wenn er es wollte. Aber er will es nicht, und zwar zu Recht.

Im Gegensatz zu seinen ersten zwei Amtsjahren, die unter widersprüchlichen Ansagen und Verzagtheit litten, deutet einiges darauf hin, dass Hollande jetzt seine sozialliberalen Zielvorstellungen in konsequenterer Weise umsetzen wird: Abgabensenkung für Unternehmer abgesegnet durch Sozialpartnerkonferenzen sowie Sparmaßnahmen in Rekordhöhe – einem Teil seiner verstörten Anhänger zum Trotz, die sich aus der EU, der Weltwirtschaft, ja der Gegenwart schlechthin verabschieden wollen und bei diesen Tagträumen von den national-sozialen Versprechen von Marine Le Pen bestärkt werden.