Politik/Ausland

Neuwahl in Israel erscheint unvermeidbar: Kompromiss gescheitert

Eine vierte Wahl in Israel binnen zwei Jahren ist angesichts einer tiefen Spaltung der Regierungskoalition kaum noch vermeidbar. Ein letzter Vorstoß zu einem Kompromiss zwischen dem rechtskonservativen Likud von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz scheiterte in der Nacht auf Dienstag im Parlament.

49 von insgesamt 120 Abgeordneten stimmten gegen einen Gesetzesentwurf, der die Verschiebung einer Frist für die Verabschiedung eines Budgets für das laufende Jahr um eine Woche vorsah. 47 stimmten dafür, der Rest enthielt sich oder war nicht anwesend. Ohne Einigung in letzter Minute wird sich das Parlament am Dienstagabend um Mitternacht automatisch auflösen. In dem Fall wird am 23. März wieder gewählt.

Brüchige Koalition politischer Gegner

In der Großen Koalition der früheren Rivalen Netanjahu und Gantz hat es von Anbeginn an stark gehakt, zuletzt verschärften sich die Spannungen. Gantz, dessen Bündnis intern zerstritten ist, erhöhte am Montag seine Forderungen an Netanjahu. Dieser warf ihm daraufhin vor, dem Land inmitten der Corona-Krise unnötige Wahlen aufzuzwingen.

Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass die Regierung einen Etat für 2020 und 2021 verabschiedet. Netanjahu hatte diese Zusage aber zurückgezogen und wollte nur einen Haushalt für 2020. Der Regierungschef selbst nannte die außergewöhnlichen Umstände der Corona-Krise als Grund. Kritiker gehen jedoch davon aus, dass er damit unter anderem verhindern wollte, dass Gantz im Herbst 2021 vereinbarungsgemäß das Amt des Regierungschefs von ihm übernimmt.

Weitere Streitpunkte sind die Ernennung von Richtern und die Befugnisse des Justizministers von Blau-Weiß. Gegen Netanjahu läuft ein Korruptionsprozess. Gantz hat ihm vorgeworfen, er wolle alles unternehmen, um einer Verurteilung zu entgehen.

Im Falle einer Neuwahl könnten laut Umfragen sowohl Netanjahu als auch Gantz schlechter abschneiden als zuvor. Auch eine neue Partei, gegründet von Netanjahus früherem parteiinternen Rivalen Gideon Saar, könnte die beiden Koalitionäre Stimmen kosten.