Politik/Ausland

Neue EU-Außenpolitik: "Dialog auf Augenhöhe"

Als Reaktion unter anderem auf die Krisen in Nordafrika und in der Ukraine will die EU ihre Nachbarschaftspolitik grundlegend überdenken. "Die jüngsten Entwicklungen um uns herum stellen uns vor immer größere Herausforderungen, von wirtschaftlichem Druck bis hin zu illegaler Einwanderung und Sicherheitsrisiken", sagt Federica Mogherini, die Außenbeauftragte der Union.

Der alte Ansatz, den Nachbarländern den Weg Richtung Europa vorzuzeichnen und die Kooperation auf diesem vorgegebenen Pfad Schritt für Schritt zu intensivieren, habe ausgedient, sagt Mogherini. Man habe sich zu sehr auf die Beurteilung von Fortschritten bei den Nachbarn und damit zu sehr auf die europäische Sicht gestützt: "Wir müssen hin zu einem Dialog auf Augenhöhe. Wir werden künftig nur Erfolg haben, wenn wir nicht wie Prediger auftreten", sagt Mogherini.

Der Reform der Nachbarschaftspolitik liegt also zum einen Selbstkritik zugrunde; man hat, so sieht man das in der Kommission heute, in der Vergangenheit übersehen, dass nicht alle Nachbarn den gleichen Weg nach Europa nehmen können beziehungsweise wollen.

Gleichzeitig kann sie aber auch als Schwenk zu einem "weicheren" Ansatz gedeutet werden, der de facto ein Zugeständnis an die Befindlichkeiten Russlands ist. So will man künftig auch die "Nachbarn der Nachbarn" stärker miteinbeziehen. Es soll sich nicht wiederholen, dass – wie in der Ukraine – sich ein Land Richtung Westen bewegt und deswegen aus dem Osten unter Druck gerät. "Staaten dürfen nicht in die Situation geraten, dass sie sich zwischen Ost und West entscheiden müssen", sagt Mogherini.

Neue "Formate"

So will man künftig stärker darauf eingehen, in welchen Bereichen und in welchem Tempo die einzelnen Länder mit der EU kooperieren wollen. Es müsse, sagt der für die Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissar Johannes Hahn, auch nicht für jedes Land das gleiche "Format" geben; nicht immer müsse das Ziel ein umfassendes Assoziierungsabkommen oder gar ein Beitritt zur Union sein. "Wir müssen anerkennen, dass es 16 verschiedene Nachbarländer gibt (u.a. Armenien, Weißrussland und Georgien im Osten bzw. Algerien, Ägypten, Israel im Süden, Anm.), und je nach ihren Interessen müssen wir das Maß der Zusammenarbeit anpassen."

Hahns Botschaft an Moskau: "Ich hoffe, dass Russland versteht, dass Platz für alle ist und niemand jemandem etwas wegnehmen will. Wir wollen im Gegenteil mehr schaffen, mehr Wohlstand etwa, damit die Menschen nicht glauben, nach Europa auswandern zu müssen."

Für die Türkei will Hahn vorerst kein neues Format suchen, wie er zum KURIER sagt: "Ich bin gewohnt, über die Brücke zu gehen, wenn ich dort bin. Für die Türkei gilt: Wir haben Verhandlungen zu führen und zu einem Ende zu bringen. Dann kann man sehen, was möglich ist und was nicht."

Allgemein wünscht sich Hahn für die EU-Außenpolitik, "dass wir Europäer viel selbstbewusster auftreten. Wir haben alle Voraussetzungen, um die Probleme in unserer Nachbarschaft federführend zu lösen."