Politik/Ausland

Nazi-Rufe gegen Lucke: Steinmeier kritisiert Störung von Uni-Vorträgen

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Störungen von Vorlesungen des Mitbegründers der rechtspopulistischen AfD, Bernd Lucke, an der Universität Hamburg kritisiert.

"Was wir gewiss nicht brauchen - lassen Sie mich das aus gegebenem Anlass klar sagen -, sind aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe", sagte Steinmeier am Freitag in einer Rede auf einer Veranstaltung in Berlin. Dies gelte für Politiker ebenso wie für "umstrittene Professoren in Hörsälen".

"Andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel", sagte Steinmeier weiter, ohne Lucke dabei namentlich zu nennen. "Der offene politische Streit im Respekt für den anderen ist etwas, was wir uns gegenseitig zumuten müssen. Er ist das Herzstück der Demokratie", hob er weiter hervor.

Proteste gegen Lucke

Zuvor hatte es in Hamburg mehrfach Proteste gegen Vorlesungen Luckes gegeben. Eine Vorlesung fand daraufhin nicht statt, eine zweite wurde vorzeitig abgebrochen. Die Universität hat die Störungen verurteilt. Diese seien "mit dem grundgesetzlich garantierten Schutz der Freiheit von Wissenschaft nicht zu vereinbaren", hieß es in einer Erklärung.

Scharfe Kritik daran äußerte auch Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Der Wirtschaftswissenschaftler Lucke gehörte bis zum Sommer dem Europaparlament an und hat danach wieder seine Dozententätigkeit aufgenommen.

Lucke hatte 2013 die AfD als politische Kraft gegründet, die sich insbesondere kritisch mit der Währungs- und Wirtschaftspolitik innerhalb der EU auseinandersetzte. Als zunehmend rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte den Ton in der Partei angaben, verließ er sie.

"Gegner werden niedergebrüllt"

Die deutsche Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) warnte im Magazin Spiegel davor, "den politischen Diskurs zu verengen". Mit Blick auf die Proteste gegen Lucke hob sie hervor: "Es geht nicht, dass sich Studentengruppen oder Aktivisten als Meinungszensoren aufspielen." Am Montag war auch eine geplante Lesung des früheren Innenministers Thomas de Maizière (CDU) an der Universität Göttingen durch Demonstranten verhindert worden.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte mit Blick auf die Vorfälle in Hamburg und Göttingen, dort seien "Meinungen, die nicht als akzeptabel eingeschätzt worden sind, von den Gegnern niedergebrüllt worden". Lindner beschwerte sich auch, dass ein geplanter Auftritt von ihm an der Universität Hamburg von der Hochschule nicht genehmigt worden sei. Diese hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass Veranstaltungen mit parteipolitischer Ausrichtung nicht vorgesehen seien.